Känozoikum

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Stratigraphische Tabelle des Känozoikums

Das Känozoikum, auch Erdneuzeit genannt, ist das letzte von drei Ärathemen im Phanerozoikum. Es begann mit dem drittgrößten Aussterbeereignis der Erdgeschichte, der Kreide-Tertiär-Krise vor 65,5 Millionen Jahren, und dauert bis heute an.

Der Name des Känozoikums leitet sich von den Griechischen Begriffen „kainos”, was „neu“ bedeutet, und „zoon“, was „Tier“ oder „Lebewesen“ bedeutet ab. Das Känozoikum ist dementsprechend die “Neue (oder Junge) Ära der Tiere”.

Das Känozoikum unterteilt sich in drei Perioden, die durch signifikante Umweltveränderungen und das Auftreten weltverändernder Tiergruppen voneinander getrennt sind. Diese werden in chronologischer Reihenfolge als Paläogen, Neogen und Quartär bezeichnet. Die bis 2004 vorherrschende Stratigraphie fasste Paläogen und Neogen noch zum sogenannten Tertiär zusammen.

Mit einer Dauer von nur etwa 65,5 Millionen Jahren macht das Känozoikum nur etwa ein Achtel der belebten Erdgeschichte aus. Es ist zwar das kürzeste der drei phanerozoischen Äratheme, aber durch sein geringes Alter ist es das weltweit am häufigsten Aufgeschlossene.


Geologie

Am Ende der Kreidezeit existierten bereits alle uns heute bekannten Kontinente und Ozeane, nur ihre Position auf der Weltkarte veränderte sich noch. Die geschah durch die Prozesse der Plattentektonik, sprich dem Bewegungsverhalten der tektonischen Platten unserer Erdkruste, die auf dem plastischen Erdmantel aufliegen und von dessen Strömungen gegen-, unter- und voneinander weg bewegt werden können.

Während des Känozoikums verbreiterten sich vor allem der Atlantische Ozean und das Südpolarmeer von den mittelatlantischen Grabenbrüchen in ihrem Zentrum aus. Alle an diese Ozeane angrenzenden Kontinente wurden durch diese Ozeanbodenspreizung (“seafloor spreading”) von den Spreizungszonen wegbewegt. Eurasien und Afrika wanderten langsam ostwärts vom Mittelatlantischen Rücken weg, während Nord- und Südamerika sich westwärts bewegten. Dabei subduzierten die Westküste Amerikas und die Ostküste Asiens den Pazifischen Ozean, der ein alter, noch aus präkambrischer Zeit stammender Ozean ist. Entlang der subduzierenden Plattengrenzen bildeten sich langgestreckte Vulkangebirge. Die Anden in Südamerika, die mittelamerikanische Landbrücke zwischen den Kontinenten, die amerikanischen Rocky Mountains, die Aleutenkette, die Halbinsel Kamtschatka, der japanische Inselbogen und die indonesische Inselkette bilden gemeinsam den sogenannten “Ring of Fire”.

Die Spreizung des Südpolarmeers drängte die Kontinente des ehemaligen Großkontinents Gondwana weiter auseinander. Die Antarktis schob sich südwärts, Afrika und Indien nordwärts. Auf diesem Weg kollidierten die beiden Kontinente im Neogen mit der eurasischen Platte, was bei der Kollision der Kontinentalplatten zur Auffaltung der Alpen, der Karpaten, des Zagros-Gebirges und des Himalayas führte. Diese Gebirgsbildungen werden unter dem Namen alpidische Orogenese zusammengefasst.

Durch das abkühlende Klima im Spät-Paläogen und Neogen kam es zu einer Reihe von Meeresregressionen. Das Binnenmeer, das in der Kreidezeit die “Great Plains” in Nordamerika bedeckte, zog sich in die Hudson Bay zurück. In Kombination mit der Hebung Europas durch die alpidische Orogenese entwässerte auch Zentraleuropa in Richtung Mittelmeer und Nordsee. Das Mittelmeer selbst fiel tatsächlich während der Messinischen Salinitätskrise vor sechs Millionen Jahren vollständig trocken, nachdem eine Kontinent-Kontinent-Kollision bei Gibraltar seine Verbindung zum Atlantik unterbrochen hatte.


Klima

Das Känozoikum begann mit einer noch aus der Kreidezeit vorherrschenden Wärmeperiode, die ihren Höhepunkt im frühen bis mittleren Paläogen hatte. Danach sanken die Temperaturen weltweit im Zuge einer weiteren Kälteperiode ab. Diese Abkühlung erfolgte vor allem durch die Trennung der antarktischen Halbinsel vom südamerikanischen Kap Horn, wodurch vor etwa 35 Millionen Jahren (und dann nochmal vor etwa 12 Millionen Jahren) eine zirkumantarktische Kaltwasserströmung entstand und den Südkontinent thermisch isolieren konnte. Durch die Vergletscherung der Antarktis, die damit zusammenhängende Eis-Albedo-Rückkopplung und die Bindung von Treibhausgasen im Permafrost und im kälteren Wasser sank die Temperatur weltweit auf das heutige Niveau. Dadurch bewegte sich die Erde in das Temperaturfenster, in dem die von Milutin Milanković beschriebenen Milanković-Zyklen zu einem Wechsel von intensiven Warm- und Kaltzeiten alle 100.000 bis 150.000 Jahre führen.

Der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre sank während des Paläogens auf den heute üblichen Wert von 21% ab, der Gehalt an CO2 schwankt, abhängig ob man sich in einem Glazial oder einem Interglazial befindet zwischen ca. 200 und 300 ppm (=Parts per Million). Dieser für erdgeschichtliche Maßstäbe erstaunlich geringe CO2-Gehalt der Atmosphäre bedingt unser vergleichsweise kaltes Klima. Dieser Wert stieg jedoch in den vergangenen 150 Jahren auf durchschnittlich 450 ppm an, vermutlich bedingt durch die industrielle Verbrennung fossiler Kohlenstoffvorkommen wie Erdöl und Kohle.


Flora und Fauna

Das Känozoikum wird auch als Blütezeit der Säugetiere bezeichnet. Die Kreide-Tertiär-Krise hatte weltweit zu einem Aussterben der meisten landlebenden Tierarten mit einer Körpergröße von über 10 Zentimetern geführt. Nur anpassungsfähige Generalisten mit geringem Energiebedarf konnten überleben.

Die meisten Dinosauriergattungen waren in der Kreide-Tertiär-Krise ausgestorben, mit einer Ausnahme: Die Vögel (Aves) aus der Familie Maniraptora (=Behändete Räuber) hatten mit kleinen, anpassungsfähigen Arten überlebt und sie gehörten zu den Tiergruppen, die nach dem Verschwinden der größeren Raubtiere diese Lücke füllten. Die Ordnung der Gastornithiformes, die mit den heutigen Gänseartigen verwandt ist, brachte große, flugunfähige Vertreter mit bis zu 2,5 Meter Körpergröße und bis zu 500 kg Gewicht hervor. Diese wurden aber schon ab dem mittleren Paläogen von Säugetieren vergleichbarer Größe abgelöst.

Die während der Kreidezeit entstandenen Taxa der Säugetiere diversifizierten sich und passten sich ihren spezifischen Lebensräumen an. Frühe Paarhufer und Unpaarhufer beweideten Wiesen und Wälder, frühe Wale jagten im flachen Süßwasser neben Krokodilen nach Fischen und Beutetieren, die zum Trinken ans Wasser kamen. Lemuren, Primaten und Riesengleiter lebten auf Bäumen, während Nagetiere das Unterholz und die Steppen darunter besiedelten. In den offenen Flächen entwickelten sich Hunde-, Katzen- und Schweineartige zu effektiven Hetzjägern weiter, in hindernisreichen Wäldern brachten vor allem die Katzenartigen Lauer- und Pirschjäger hervor.

Mit Beginn des Neogens entwickelte sich zudem eine immer größer werdende Megafauna, vor allem bestehend aus Elefantenartigen, Nashörnern, großen Wiederkäuern, sowie Faul- und Gürteltieren. Die Riesen-Wombats Australiens (Diprotodon) fallen ebenfalls in diese Kategorie. Die größten jemals lebenden Landsäugetiere stammten aus der Gattung Paraceratherium aus der Gruppe der Nashornartigen. Vertreter dieser Gattung erreichten eine Körperlänge von bis zu 8,4 m.

Im Meer wuchsen die Säugetiere weit über diese Maße hinaus. Die frühen Cetacea (Wale und Delfine) machten während dem Paläogen den Schritt vom Leben an Land zurück ins Wasser und entwickelten eine Vielzahl an Formen, die an ihre jeweiligen Lebensbedingungen in Flüssen und Meeren angepasst waren. Die größten Wale gehören zur Familie der Bartenwale, darunter auch die größte Säugetier-Art der Erdgeschichte, der rezent vorkommende Blauwal (Balaenoptera musculus) mit bis zu 33 m Körperlänge.

Reptilien und Amphibien diversifizierten sich ebenfalls wieder, bildeten aber nur noch auf einigen wenigen Inseln die Spitze der Nahrungskette. Die Fische erlebten ein erneutes Aufblühen. In Abwesenheit ihrer früheren Nahrungkonkurrenten und Fressfeinde, den Mosasauriern und Sauropterygiern, wurden Haie wieder dominierende Elemente der Nahrungskette und brachten auch wieder größere Arten hervor.

Die Pflanzenwelt wurde nach und nach von den Blütenpflanzen übernommen, während die Nacktsamer nun vor allem die nördlicheren Breiten besiedelten. Die Artenzahlen der Sporenpflanzen ging weiter zurück, bis das heutige Florenbild erreicht war.

Gegen Ende des Neogens entwickelten sich im Ostafrikanischen Grabenbruch die ersten Hominiden, das Auftreten der Gattung Homo markiert sogar den Übergang zwischen Neogen und Quartär. Während des Quartärs entwickelten sich die Arten der Gattung Homo zu intelligenten Werkzeugnutzern weiter, die letztendlich in Homo sapiens, unserer eigenen Art, ihren letzten noch lebenden Vertreter fand. Homo sapiens hat sich weltweit ausgebreitet und nimmt als terraformende Spezies starken Einfluss auf sämtliche Ebenen der Geosphäre (Stichwort: Anthropozän).

Ob diese anthropogen verursachten Umweltveränderungen ein sechstes großes Massenaussterben auslösen werden ist noch immer Thema von Debatten, sowohl auf wissenschaftlicher, als auch auf politischer Ebene.


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Referenzen

F. W. Welter-Schultes & R. Krätzner: Die Erdzeitalter, Helmut Lingen Verlag GmbH, Köln 2020

Hans Murawski, Wilhelm Meyer: Geologisches Wörterbuch. Spektrum, Heidelberg 2004, ISBN 978-3-8274-1445-8.

Tim Haines, Paul Chambers: The complete guide to prehistoric life, Firefly Books, Richmond Hill, Ontario 2010, ISBN 978-1-55407-181-4


Weitere Informationen und Literatur

Lehrveranstaltungen

P3 Erdgeschichte
WP23 Evolution und Systematik

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Dieser Artikel wurde geschrieben und gegengelesen von:
Leonard von Ehr
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