Vegetationsbrände

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Die boreale Ökozone ist einer der bedeutendsten terrestrischen Kohlenstoffspeicher der Erde.[1] Die häufigsten Störungen dieses Ökosystems sind großflächige, meist unkontrollierte Vegetationsbrände.[2] Ausgelöst werden diese überwiegend durch Blitzeinschläge oder Selbstentzündung und haben je nach Standort eine Wiederkehrintervall zwischen 50-200 Jahren. [3] Abhängig von der Schwere des Brandereignisses kommt es neben dem Verlust der oberflächlichen Vegetation zum Auftauen des Permafrost-Horizonts im Boden und zur Bildung von pyrogenem Kohlenstoff.[4] Auch wenn durch den Verkohlungsprozess Kohlenstoff langfristig gebunden werden kann haben Vegetationsbrände durch die Freisetzung von CO2 aufgrund des Vegetationsverlustes und der erhöhten mikrobieller Aktivität einen positiven Effekt auf den globalen Kohlenstoffkreislauf.[2] Durch die in den hohen Breiten besonders intensive Klimaerwärmung kommt es immer häufiger zu Brandereignissen, die durch ihre Emissionswirkung ein positives Rückkopplungssystem des Klimawandels bilden.[5] Dieser Prozess wird durch das vermehrte Auftauen des Permafrostbodens sowie der erhöhten heterotrophen Respiration bei wärmeren klimatischen Bedingungen weiter verstärkt und ist aufgrund der Größe des Kohlenstoff-Pools ein entscheidender Faktor im Klimawandel.[5]

Die boreale Ökozone

Bei der borealen Ökozone handelt es sich um eine zirkumpolare Region, die mit einer Fläche von 20 Mio. km2 in etwa 13% des Festlandes der Erde umfasst.[1] Das Gebiet erstreckt sich über große Teile Russlands, Kanadas und Skandinaviens zuzüglich kleineren Regionen im Nordosten Chinas und der Mongolei.[1] Etwa 15 Mio. km2 dieser Fläche sind borealer Nadelwald.[6] Die Bodenbildung wird hauptsächlich vom Klima und der Vegetation bestimmt und schreitet aufgrund der gegebenen Bedingungen nur langsam voran. Kennzeichnend für die entstehenden Bodentypen dieser Zone sind die mächtigen Auflagehorizonte aus schwerabbaubarer Streu.[7] Neben den Podsolen sind die durch den Permafrost bedingten Cryosole der dominierende Bodentyp des borealen Ökosystems.[1]

Boreale Waldbrände

Waldbrände sind in dieser Zone der häufigste ökologische Störfaktor. Feuer ist somit einer der wichtigsten Treiber der Ökosystemprozesse und des Kohlenstoffkreislaufes in den Wäldern und Mooren der borealen Zone.[4] Der überwiegende Teil dieser Brandereignisse wird durch Blitzschlag oder Selbstentzündung ausgelöst. Das Wiederkehrintervall liegt je nach Standort zwischen 50 und 200 Jahren.[3] Die Auswirkungen dieser Vegetationsbrände sind besonders für den Kohlenstoffkreislauf von entscheidender Bedeutung, da in der borealen Zone ca. 50% des global in Waldökosystemen gebunden Kohlenstoffs gespeichert ist. Mit einem Anteil von rund 85% fungieren die Böden in ihrer Gesamtheit dabei als größter Speicher des Bioms.[2] Je nach Bodentyp kann die Kapazität allerdings stark variieren. In Abhängigkeit der Infiltrationsrate ist die Kohlenstoffakkumulation an gut dränierten Cambisolen vergleichsweise kleiner, als an den durch geringe Infiltration gekennzeichneten Cryosolen.[2] Die Stauwirkung des Permafrost-Horizonts verursacht unter nass-kalten Bedingungen eine sogenannte Anoxie. Dieses vollständige Fehlen von Sauerstoff im Boden verzögert die Zersetzungsraten und verhindert so das Ausgasen von Kohlenstoff als Folge heterotropher Respiration.[2]

Jährlich wird etwa ein Drittel des durch die Netto-Primärproduktion in der borealen Zone gebundenen Kohlenstoffs in Folge von Brandereignissen als CO2 wieder freigesetzt.[4] In Abhängigkeit der Schwere des Brandereignisses und des betroffenen Bodentyps verursachen Waldbrände den Verlust des Auflagehorizonts beziehungsweise das Auftauen des Permafrost-Horizonts.[8] Zusätzlich wird durch die Temperaturerhöhung sowie der Vergrößerung des Schmelzhorizonts die mikrobielle Aktivität und somit die Respiration erhöht.[5] Neben diesen Formen der Freisetzung im borealen Ökosystem gebundener Kohlenstoffvorkommen werden im Verlauf des Brandereignisses 1-3% der Biomasse in Form von pyrogenem Kohlenstoff wieder im Boden gespeichert.[4] Dazu zählen Graphit- und Rußpartikel sowie Holzkohle. Letzteres wird überwiegend im Auflagehorizont der Böden akkumuliert und trägt durch seine hohe Verweildauer zu einer langfristigen Speicherung des Kohlenstoffs bei. Außerdem fördert der Eintrag von pyrogenem Kohlenstoff in den Boden die Kationenaustauschkapazität und verbessert die Bodenfruchtbarkeit durch eine höhere Nährstoffverfügbarkeit.[4][9]

Auswirkungen des Klimawandels auf die borealen Waldbrände

In den hohen Breiten der Erde sind die Temperaturen in den letzten 30 Jahren mit 0,6 °C pro Jahrzehnt doppelt so schnell wie der globale Durchschnitt gestiegen.[4][10] In Kombination mit den folglich höheren Verdunstungsraten und längeren Trockenperioden führt dies zu einer erheblichen Steigerung der Waldbrandgefahr in der borealen Ökozone. Der bereits sehr hohe Kohlenstoffverlust durch Brandereignisse könnte sich bei fortschreitendem Klimawandel bis zum Ende des Jahrhunderts somit vervierfachen.[4][11] Neben dem reinen Vegetationsverlust spielen dabei besonders die positiven Rückkopplungsprozesse eine entscheidende Rolle. Ein sich erwärmendes Klima führt zum häufigeren Auftreten von Vegetationsbränden, die wiederum durch ihre Emissionswirkung das Klima weiter erhitzen.[10] Aufgrund der Heterogenität der Bodentypen sowie der klimatischen Verhältnisse kann jedoch keine genaue Aussage über die gesamte Ökozone getroffen werden.

Abb. 1: Übersicht der potentiellen Einflüsse und Rückkopplungsmechanismen durch eine nach Norden gerichtete Verschiebung der borealen Ökozone, angetrieben durch den Klimawandel. Die von Erdsystemmodellen projizierte Verschiebung der arktischen Vegetation nach Norden wird durch aktuelle Beobachtungen gestützt wird. Die mit der Verlagerung des Bioms einhergehende Veränderung der Vegetation, befördert durch eine Intensivierung des Feuerregimes, wird die Oberflächenenergiebudgets, die Netto-Kohlenstoffbilanz des Ökosystems, das Auftauen des Permafrosts und die Methanemissionen verändert und durch eine Netto-Rückkopplung zu einer zusätzlichen Klimaveränderungen führen.

Daher werden die genaue Prozessabläufe am Beispiel eines durch Permafrost beeinflussten Gebiets im Nord-Osten Chinas dargestellt.[5] Messungen dieser Studie ergaben, dass sich neben dem kurzfristigen Verlust der Vegetation auch langfristig Änderungen im Kohlenstofffluss des Bodens ergeben.[5] Dabei müssen der CO2-Fluss und der CH4-Fluss gesondert betrachtet werden. Ersteres wird einerseits durch die gesteigerte Aktivität der Mikroorganismen aufgrund höherer Nährstoffverfügbarkeit und andererseits durch die Vergrößerung des aktiven Bodenhorizonts beeinflusst. Insgesamt steht so mehr Bodenkohlenstoff zur mikrobiellen Zersetzung zur Verfügung. Unter experimentellen Bedingungen einer implizierten Klimaerwärmung um 1°C konnte in dem Untersuchungsgebiet eine weitere Steigerung der Emissionen beobachtet werden. Das lässt darauf schließen, dass die Respirationsvorgänge im Boden weiter beschleunigt wurden.[5]

Die Entwicklung des CH4-Flusses in Folge eines Brandereignisses ist hingegen nicht eindeutig zu klären. Je nach Ausgangssituation kann durch den Vegetationsbrand aus einer schwachen Methan-Quelle eine Senke bzw. aus einer Methan-Senke eine Quelle werden. Besonders über die Auswirkungen veränderten Klimas auf die Bodenflüsse von Methan herrscht noch Uneinigkeit. In der dargelegten Studie verursachte der Vegetationsbrand die Entstehung einer CH4 -Senke die in Folge des wärmeren Klimas sogar noch stärker wird. Als mögliche Grund werden hierfür der absinkende Wasserspiegel und die dadurch verursachte Vergrößerung der Zone möglicher Methan-Oxidation angeführt. Einzig die Kombination eines warmen und trockenen Klimas führte zum plötzlichen Anstieg der Methan-Emissionen. Die Antwort könnte in der Beeinträchtigung der methan-oxidierenden Bakterienkulturen durch die veränderten Klimabedingungen liegen.[5]

Aufgrund der unterschiedlichen Resonanz der Treibhausgase CO2 und CH4 auf die veränderten Bodeneigenschaften und Klimabedingungen kann eine Aussage über die genaue Tragweite der Auswirkungen nicht verallgemeinert werden sondern ist stark von dem Verhältnis der beiden Gase am Bodenkohlenstofffluss abhängig. Dennoch bleibt festzuhalten, dass die Ergebnisse der Studie trotz dieser Unsicherheiten und Heterogenität einen deutlichen Zusammenhang der Bodenkohlenstoffflüsse mit den Bedingungen eines implizierten Klimawandels aufweisen.[5] Insgesamt tragen alleine die häufigere Auftretenswahrscheinlichkeit von Brandereignissen und die Größe des Kohlenstoffspeichers der borealen Zone dazu bei, dass durch positive Rückkopplungsprozesse der Kohlenstoffkreislauf maßgeblich durch die Vegetationsbrände der borealen Ökozone beeinflusst wird.[8][10]

Referenzen

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Schultz, J. (2016): Die Ökozonen der Erde. 5. vollst. überarb. Aufl. Stuttgart: UTB (UTB, 1514 : Geowissenschaften, Ökologie, Agrarwissenschaften).
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 Deluca, T.; Boisvenue, C. (2012): Boreal forest soil carbon: Distribution, function and modelling. In: Forestry Vol.85, 161-184.
  3. 3,0 3,1 Eitel, B.; Faust, D. (2013): Bodengeographie. Westermann. Braunschweig.
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 4,6 Preston, C. M.; Schmidt, M. W. I. (2006): Black (pyrogenic) carbon: A synthesis of current knowledge and uncertainties with special consideration of boreal regions. In: Biogeosciences 3 (2006), 397–420.
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 5,5 5,6 5,7 Song, X.; Wang, G.; Hu, Z.; Ran, F.; Chen, X. (2018): Boreal forest soil CO2 and CH4 fluxes following fire and their responses to experimental warming and drying. In: Science of The Total Environment 644, 862-872.
  6. Blume, H.-P.; Brümmer, G. W.; Horn, R. ; Kandeler, E. ; Kögel-Knabner, I. ; Kretzschmar, R. et al. (2010): Scheffer/Schachtschabel: Lehrbuch der Bodenkunde. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg.
  7. Zech, W.; Schad, P.; Hintermaier-Erhard, G. (2014): Böden der Welt: ein Bildatlas. 2. Auflage. Spektrum. Berlin.
  8. 8,0 8,1 Settele, J.; Scholes, R.; Betts, R.; Bunn, S.; Leadley, P.; Nepstad, D.; Overpeck, J.; Taboada, M. (2014): Terrestrial and inland water systems. In: Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) (Hrsg.): Climate Change 2014 - Impacts, Adaptation, and Vulnerability. Part A: Global and Sectoral Aspects. Contribution of Working Group II to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. New York, 272-359.
  9. Smithwick, E. A. H.; Turner, M.G.; Mack, M. C.; Chapin III, F. S. (2005): Postfire Soil N Cycling in Northern Conifer Forests Affected by Severe, Stand-Replacing Wildfires. In: Ecosystems (2005) 8, 163–181
  10. 10,0 10,1 10,2 IPCC (2013): Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Stocker, T.F., D. Qin, G.-K. Plattner, M. Tignor, S.K. Allen, J. Boschung, A. Nauels, Y. Xia, V. Bex and P.M. Midgley (eds.)]. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA, 1535 pp.
  11. Song, X.; Wang, G.; Ran, F.; Chang, R.; Song, C.; Xiao, Y. (2017): Effects of topography and fire on soil CO2and CH4flux in boreal forest underlain by permafrost in northeast China. In: Ecological Engineering 106 (2017), 35-43.

Weitere Informationen und Literatur

Autor:innen

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Dieser Artikel wurde geschrieben und gegengelesen von:
Alexander Sasse, Philipp Maly
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