Berechnung von Mineralformeln
Bei einigen chemischen Analysen von Mineralen, z.B. Mikrosondenanalysen oder Messungen mit EDS-Detektoren im REM, werden die Elementgehalte in Gewichtsprozent ihrer Oxide angegeben. Bei diesen Analysen wird Sauerstoff nicht gemessen. Da man allerdings davon ausgeht, dass Minerale keine Ladung haben, werden die gemessenen Kationen mit Sauerstoff ausgeglichen.
Da die Oxide als solche nicht in der Mineralstruktur vertreten sind, müssen die Elementanteile wieder herausgerechnet und an die allgemeine Formel des gemessenen Minerals angepasst werden.
Die Angabe der Oxide als Gewichtsprozent kann zu Schwierigkeiten führen, da strukturelle Zusammenhänge hier nicht so gut ersichtlich sind wie in den chemischen Formeln.
Aus der Berechnung der Mineralformeln können bei Bedarf auch die Formeln für die Endglieder berechnet werden.
Beispiel
Beispiel eines Analyseergebnisses für einen Granat:
A | B | C | D | E | F | |
Oxid | Gew.-% | Molgewicht des Oxids [g/mol] | Molanteil Oxid (=A/B) | Sauerstoffzahl der Oxide | Sauerstoffe normiert auf Anzahl der
Sauerstoffe in allgemeiner Formel |
Kationenanteil für allgemeine Formel |
SiO2 | 36,3 | 60,09 | 0,60409386 | 1,20818772 | 5,81677995 | 2,90838998 |
Al2O3 | 22,03 | 101,96 | 0,21606512 | 0,64819537 | 3,12071525 | 2,08047683 |
FeO | 29,7 | 71,85 | 0,41336117 | 0,41336117 | 1,99011373 | 1,99011373 |
MnO | 1,25 | 70,94 | 0,01762052 | 0,01762052 | 0,08483343 | 0,08483343 |
MgO | 2,13 | 40,31 | 0,05284049 | 0,05284049 | 0,25439878 | 0,25439878 |
CaO | 8,54 | 56,08 | 0,15228245 | 0,15228245 | 0,73315885 | 0,73315885 |
Gesamt | 99,95 | 2,49248772 | 12 | 8,05137161 |
Erklärung des Rechenweges
Die Berechnung erfolgt anhand folgender Schritte einzeln für jedes Oxid:
1. Anhand der vorhandenen Elemente und einer groben Verhältnisabschätzung wird ein Mineral bzw. Mischkristall ausgewählt, auf den die weiteren Berechnungen normiert sind.
Granate haben die allgemeine Formel X3Y2Z3O12 bzw. (Ca,Fe2+,Mg,Mn)3(Al,Fe3+)2(Si,Al)3O12.
Auf diese Formel möchten wir unsere Analyseergebnisse umrechnen.
2. Spalte B:
Das Molgewicht summiert sich aus den Molgewichten der einzelnen Elemente, wie in der Periodentafel angegeben, multipliziert mit der Anzahl in der Formeleinheit.
Rechenbeispiel für SiO2: 1*28.09+ 2*16.00=60.09
3. Spalte C:
Man berechnet den jeweiligen Anteil der Oxide in Mol. Dazu teilt man die Analyseergebnisse aus Spalte A durch das Molgewicht in Spalte B.
Rechenbeispiel für SiO2: 36,3 Gew.-% : 60,09 g/mol = 0,60409386 [%/(g/mol)]
4. Spalte D:
Berechunung der Sauerstoffzahl für jedes Oxid.
Rechenbeispiel für SiO2: 0,60409386 * 2 = 1,20818772
Anschließend wird die Summe aller Sauerstoffzahlen genommen.
5. Spalte E:
Die Sauerstoffzahl wird auf 12 normiert. Zwölf, weil das die Anzahl der Sauerstoffe in der allgemeinen Formel ist.
Man rechnet:
Rechenbeispiel für SiO2: 1,20818772 : 2,49248772 * 12 = 5,81677995
6. Spalte F:
Der Anteil der Kationen an der Formeleinheit wird berechnet, indem man die Werte aus Spalte E mit dem Verthältnis Kation-Sauerstoff multipliziert.
Rechenbeispiel für SiO2: 5,81677995 * ½ = 2,90838998
Rechenbeispiel für Al2O3: 3,12071525 * 2⁄3 = 2,08047683
7. Überprüfe das Ergebnis: Die Summe der berechneten Werte für die Formeleinheiten soll ungefähr gleich der Anzahl der Kationen aus der allgemeinen Formel sein.
8. Passe die allgemeine Formel an die Analyseergebnisse an.
Berechnete Mineralformel aus dem Beispiel: (Ca0,7Fe2+2,0Mg0,3Mn0,1)3Al2,0(Si2,9Al0,1)3O12.
Berücksichtigung der Kristallstruktur
Eine Reihe an Kationen, z.B. Aluminium, kann bei in vielen Mineralen an zwei verschiedenen Gitterplätzen in die Kristallstruktur eingebaut werden. Bei der Berechnung der Mineralformel muss in solchen Fällen berücksichtigt werden, an welche Stelle das Atom bevorzugt eingebaut wird. Dass heißt, an welche Stelle es besser hineinpasst.
So auch das Aluminium aus dem oberen Beispiel:
Bei der Aufteilung der Kationenanteile werden zuerst die Tetraederlücken mit Silizium gefüllt. Ist nicht ausreichend Silizium vorhanden, werden die restlichen Tetraederlücken mit Aluminium gefüllt. Ist dann noch Aluminium vorhanden, wird es an anderen Gitterplätzen eingebaut (z.B. Oktaeder).
Unterscheidung Fe2+ und Fe3+
In unserem Beispiel wurde nur FeO gemessen. Da bei Mikrosondenanalysen Fe2+ und Fe3+ zusammen gemessen werden, muss über Schätzungen herausgefunden werden, zu welchem Anteil das jeweilige Kation vertreten ist. Die Schätzung der Anteile an bzw. am Gesamteisengehalt folgt mineralspezifischen Berechnungen. Eine Sammlung an möglichen Rechenwegen ist in Droop, 1987 zu finden.
Analysen mit verschiedenen Anionen
Bei Mikrosondenanalysen wird auch H2O nicht gemessen. Man rechnet dann mit dem idealen Wert aus der allgemeinen Formel.
Beachte außerdem, dass auch in OH-Gruppen Sauerstoffatome vorkommen. Diese werden selbstverständlich bei der Gesamtzahl der Sauerstoffatome mitgezählt. Auch wenn die OH-Gruppen keine Kationen darstellen, wird ihr Anteil an der Mineralformel genauso berechnet wie oben.
Schwieriger wird es, wenn andere Anionen als Sauerstoff gemessen wurden (z.B. F, Cl…).
Beispiel Phlogopit:
A | B | C | D | E | F | |
Oxid | Gew.-% | Molgewicht des Oxids [g/mol] | Molanteil Oxid (=A/B) | Sauerstoffzahl der Oxide | Sauerstoffe normiert auf Anzahl der Sauerstoffe in allgemeiner Formel | Kationenanteil für allgemeine Formel |
SiO2 | 39,24 | 60,09 | 0,65302047 | 0,65302047 | 5,53508582 | 2,76754291 |
Al2O3 | 13,64 | 101,96 | 0,13377795 | 0,2675559 | 2,26783839 | 1,51189226 |
TiO2 | 1,23 | 79,87 | 0,01540003 | 0,03080005 | 0,2610652 | 0,1305326 |
FeO | 0,43 | 40 | 0,01075 | 0,0215 | 0,18223678 | 0,18223678 |
MnO | 0,06 | 70,94 | 0,00084579 | 0,00169157 | 0,01433797 | 0,01433797 |
MgO | 28,11 | 40,31 | 0,69734557 | 1,39469114 | 11,8215822 | 11,8215822 |
Na2O | 0,79 | 61,98 | 0,01274605 | 0,02549209 | 0,21607428 | 0,43214856 |
K2O | 11,78 | 56,08 | 0,21005706 | 0,21005706 | 1,78047078 | 3,56094155 |
H2O | 1,13 | 18,015 | 0,06272551 | 0,06272551 | 0,53166949 | 1,06333899 |
F | 6,23 | 19 | 0,32789474 | 0,32789474 | 2,77927813 | 2,77927813 |
Gesamt | 102,64 | 2,12456316 | 2,99542854 | 24,263832 | ||
O-Überschuss | 2,6166 | 0,16394737 | ||||
Gesamt verrechnet mit Fluor | 100,0234 | 2,83148117 |
Spalte B:
Der Gesamtwert weicht von 100% um einige Prozentpunkte ab, weil bisher nicht berücksichtigt wurde, dass neben Sauerstoff auch Fluor die Ladung der Kationen ausgleicht.
Um zu bestimmen, wie stark der Sauerstoffanteil überschätzt wurde, wird der Gew.%-Wert des Fluors mit einem Faktor verrechnet. In diesem Fall kommen auf ein Sauerstoffatom (negative Ladung: -2) zwei Fluoratome (negative Ladung je Fluor: -1), sodass der Faktor ½ ist und sich aus aus dem Verhältnis der molaren Gewichte berechnet:
Spalte D:
Wieder wird der Sauerstoffanteil überschätzt. Auch hier muss der Anteil des Sauerstoffs am Fluorwert halbiert werden (wie oben: auf ein Sauerstoffatom kommen zwei Fluoratome).
Spalte E:
Da es sich hier um Phlogopit handelt, und die Zahl der Anionen (O, OH, F) insgesamt 24 ist, wird hier gerechnet: .
Tabellenvorlagen
Im Internet findet sich eine Reihe an vorgefertigten Exceltabellen für verschiedene Mineralgruppen, z.B.:
https://serc.carleton.edu/research_education/equilibria/mineralformulaerecalculation.html
Literatur
- Deer W.A., Howie R.A., Zussman J. (2013) An introduction to the Rock-Forming Minerals
- Droop, G.T.R. (1987) A genera equation for estimating Fe3+ concentrations in ferromagnesian silicates and oxides from microprobe analyses using stoichiometric criteria. Mineralogical Magazine, 51, 431-435.
- Markl, G. (2015): Minerale und Gesteine
- Okrusch M., Matthes S. (2013) Mineralogie
Referenzen
Autor:innen
- Dieser Artikel wurde geschrieben und gegengelesen von:
- Paula Dörfler
- Du möchtest wissen, wer hinter den Autor:innen und Reviewer:innen steckt? Dann schau doch beim GEOWiki-Team vorbei!