Gebäudeschadstoffe

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Jedes Gebäude besteht aus einer Vielzahl unterschiedlichster Materialien. Beim Rückbau eines Gebäudes muss entschieden werden, ob und wenn ja, wie anfallende Stoffe verwertet werden können oder ob sie entsorgt werden müssen. Hierbei gilt es als entscheidend zu beachten, ob es sich bei den den Gebäudeschadstoffen um Gefahrenstoffe handelt, die gesondert entsorgt werden müssen.

Gebäuderückbau am Münchner Hbf, Foto: Michaela Capin

Die verwendeten Materialien wurden zu Bauzeiten in der Regel aufgrund ihrer bautechnischen Vorteile ausgewählt. Nur selten wurde sich darüber Gedanken gemacht, was mit diesen im Falle einer Sanierung oder eines Rückbaus geschehen soll. Da es sich bei den Baustoffen häufig um Verbundstoffe handelt, gestaltet sich die Verwertung und Entsorgung von rückgebauten Gebäuden zunehmend komplizierter. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz sieht vor, dass Stoffe so hochwertig wie möglich rückgeführt werden müssen. Dies setzt eine Trennung und separate Entsorgung der Materialien in den Verbundstoffen voraus, was sich oftmals als sehr aufwendig erweist.

Doch nicht nur schadstoffbelastete Verbundstoffe können Gebäuderückbauten zu einer Herausforderung machen, auch primäre Schadstoffe wie beispielsweise Asbest können eine Gefahr für Mensch und Umwelt darstellen. Eine weitere Entstehungsquelle problematischer Stoffe stellen nutzungsbedingte Schadstoffbelastungen dar. Hierbei treten Schadstoffe durch die Gebäudenutzung in die Bausubstanz und/oder den Untergrund ein. Dies kann in bestimmten Gewerben durch unsachgemäße Nutzung oder Unfälle vorkommen, wie beispielsweise an Tankstellen, Autoeinstellhallen, Lackierungsunternehmen und Weiteren.

Wie du sicherlich bereits festgestellt hast, handelt es sich bei Gebäudeschadstoffen um ein komplexes und weitläufiges Themenfeld. Dieser Artikel soll einen einführenden Überblick darüber ermöglichen, welche Materialien in Gebäuden anfallen und an welchen Stellen diese typischerweise verbaut werden. Des Weiteren wirst du Informationen darüber erhalten, was diese bezüglich Umwelt und Gesundheit problematisch macht. Am Ende dieses Artikels erfährst du auch wie Gefahrenstoffe in Gebäuden beprobt werden und findest nützliche Tipps zur weiterführenden Recherche.

Materialien in Gebäuden

Nachfolgend werden euch einige Materialien und deren mögliche Schadstoffbelastung vorgestellt.

  • An und um Fliesen → Asbest (Fugenspachtel oder Kleber), Glasur mit Schwermetallen, PCB (Kleber)
  • Hinter Heizkörpern → Asbest (Dämmung und Dichtungen)
  • Dachpappe → PAK, Asbest, MKW
  • Teerkork → PAK
  • Leuchtstoffröhren → PCB
  • Kondensatoren → PCB
  • Batterien und Akkumulatoren → Schwermetalle
  • Odenwaldplatten → KMF
  • Dämmaterial → KMF, Asbest, Styropor
  • Anstriche → Asbest, Schwermetalle, PCB
  • Betongebundene Holzfaserplatten (z.B. „Heraklith-Platte“): → hoher Organik Anteil
  • Holz → Anstriche mit Schwermetallen, PCB, PCP, PAK, DDT
  • Elektroschrott → PCB
  • Kunststoffe → PCB
  • Beton → PAK, Schwermetalle
  • Bauschutt → PAK, Schwermetalle, PCB, MKW, etc
  • Gussasphalt → PAK, Schwermetalle
  • Wandputz → Sulfat, Asbest

Gefahrenstoffe und Problematik

In der folgenden Tabelle könnt ihr Genaueres über die gängigen Gebäudeschadstoffe lernen.

Name des Stoffs chem. und physical. Eigenschaften Auswirkungen auf Mensch und Umwelt Entsorgungsaufwand Zeitraum des Verbaus
Asbest Faserkristalle => fein & leicht Lungengängig, kanzerogen Sehr hoch, hohe Kosten beim Ausbau Ca. 1950-1995
PAK = Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe Lipophil, schlecht abbaubar Hautgängig, lungengängig, kanzerogen, fruchtschädigend Hohe Entsorgungskosten ab Überschreiten der Grenzwerte Überwiegend 1950-1970
DDT = Dichlordiphenyltrichlorethan Lipophil, hormonelle Wirkung Hautgängig, kanzerogen, neurotoxisch Hohe Entsorgungskosten Seit 1972 verboten, in DDR bis 1989
PCP = Pentachlorphenol Hydrophil Hautgängig, Herzversagen etc. Hohe Entsorgungskosten ab Überschreiten der Grenzwerte Seit 1989 verboten
PCB = Polychlorierte Biphenyle Flüchtig, lipophil, persistent Hautgängig, kanzerogen, immuntoxisch Hohe Entsorgungskosten ab Überschreiten der Grenzwerte & hohe Anforderungen an Arbeitsschutz Seit 1989 verboten
KMF = Künstliche Mineralfasern Faserkristalle (künstlich) => weniger fein als Asbest, nicht brennbar Einige KMF Arten lungengängig und kanzerogen (abhängig von Länge & Durchmesser) Niedrig bis hoch abhängig von KMF Art Erlaubt
MKW = Mineralölkohlenwasserstoffe Lipophil, hydrophob Geringe Gesundheitsgefahr (abhängig von Toxiziät des MKWs), kontaminieren Grundwasser Größere Verunreinigungen sind aufwendig Erlaubt (Vorkommen: Industriegebiete, Tankstellen, Parkhäuser etc.)
(F)CKW = (Fluor)chlorkohlenwasserstoffe Leicht flüchtig Verstärkt Treibhauseffekt, Ozon abbauend Ausbau aufwendig wegen Flüchtigkeit Seit 1991 verboten
Schwermetalle Mobilität pH abhängig, Kationen Lagern sich in Organismen an und führen zu Schäden/ zum Absterben wenn Konzentration zu hoch Hohe Entsorgungs- kosten ab Überschreiten der Grenzwerte In bestimmten Konzentrationen erlaubt (nutzungsbedingt)
Organik Fäulnis und Zerfallsprozesse Keine toxischen Auswirkungen, verändern jedoch pH Wert => in Gruben nicht erwünscht Hohe Entsorgungskosten (Deponieverordnung) Erlaubt


Probenahmestrategie

Grundsätzlich unterscheidet sich die Probenahmestrategie von Gebäudeschadstoffen von der anderer Teilbereiche der Geologie. Während in vielen Arbeitsbereichen vorwiegend im Gelände beprobt wird, findet dieser Arbeitsschritt in der Umweltgeologie natürlich im zu beprobenden Gebäude statt. Die Probenahme von Schadstoffen in Gebäuden läuft (in Absprache mit dem Auftraggeber) wie folgt in 7 Schritten ab:

  1. Bestimmung vom Probenahmeort.
  2. Bestimmung der Probenahmeart (welche Aufgabe wird verfolgt, handelt es sich um eine Material-, oder Bausubstanzprobe etc.)
  3. Bestimmung des Umfangs der Probe (Menge, Tiefe, Dauer etc.)
  4. Bestimmung der Untersuchungsparameter
  5. Ausarbeitung eines Arbeits- und Sicherheitsplans gemäß TRGS 524 für die Probenahme
  6. Ausführung der Probenahme unter Beachtung der Schutzmaßnahmen (PSA, wenn nötig: Abschottung, Absaugung)
  7. Mögliche Änderungen am Ort der Probenahme beseitigen (z.B. Löcher im Boden verschließen, Dächer wieder abdichten)

Recherchetipps

Falls euch die Thematik Gebäudeschadstoffe interessiert und ihr weiterführende Informationen und Hintergründe in Erfahrung bringen möchtet, findet ihr nachfolgende Literatur und Recherchetipps.

Referenzen

Bayrisches Landesamt für Umwelt (2020): MHKW, URL: https://www.lfu.bayern.de/abfall/schadstoffratgeber_gebaeuderueckbau/suchregister/doc/510.pdf (Stand: 07.05.2024)

Bayrisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (2021): PCB, URL: https://www.vis.bayern.de/produkte_energie/gefahrstoffe/pcb.htm (Stand: 07.05.2024)

BG Bau (2015): Mineralwolle, Dämmstoffe, URL: https://www.bgbau.de/fileadmin/Gisbau/341_MineralwolleDaemstoffe_4-2015_Ansicht.pdf (Stand: 07.05.2024)

Chemie.de: Fluorchlorkohlenwasserstoffe, URL: https://www.chemie.de/lexikon/Fluorchlorkohlenwasserstoffe.html (Stand: 07.05.2024)

Chemie.de: Schwermetalle, URL: https://www.chemie.de/lexikon/Schwermetalle.html (Stand: 07.05.2024)

LfU, Bayern: Schadstoffratgeber Gebäuderückbau, URL: https://www.lfu.bayern.de/abfall/schadstoffratgeber_gebaeuderueckbau/index.htm (Stand: 07.05.2024)

Umweltbundesamt (2021): POP, DDT, URL: https://www.umweltbundesamt.de/themen/chemikalien/persistente-organische-schadstoffe-pop/ddt (Stand: 07.05.2024)

Umweltbundesamt (2021): POP, PCP, URL: https://www.umweltbundesamt.de/themen/chemikalien/persistente-organische-schadstoffe-pop/pentachlorphenol-seine-salze-ester-pcp (Stand: 07.05.2024)

Umweltbundesamt (2012): Was ist PAK?, URL: https://www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/was-sind-pak (Stand: 07.05.2024)

Autor:innen

Michaela Capin, Anna Klein, Alina Piller