Asbest und künstliche Mineralfasern
Asbest befindet sich oft in vielen Ecken von alten Gebäuden. Aber wusstest du, dass es sich hierbei um eine spezielle Ausbildung von verschiedenen Mineralen handelt? Aufgrund seiner nützlichen Eigenschaften wie z. B. der Feuerbeständigkeit wurde es v. a. in den 1960 er bis 1970 er Jahren vielseitig eingesetzt und bildete einen wichtigen Bestandteil von langlebigen Bauprodukten. Solange die faserigen Minerale fest gebunden sind, stellen sie keine Gefahr dar. Werden sie dahingegen z. B. durch Renovierungs- oder Abbrucharbeiten freigesetzt, können sie in die Lunge gelangen und schwerwiegende Krankheiten auslösen. Um das Risiko zu minimieren, werden heutzutage künstliche Mineralfasern (KMF) statt Asbest eingesetzt. Allerdings geht v. a. von alten KMF ebenfalls ein Risiko aus. Somit ist im Umgang mit Asbest und KMF Vorsicht geboten. Besonders vor der Renovierung von alten Gebäuden ist eine Recherche notwendig, aus welcher Zeit diese stammen und in welchen Bauprodukten damals Asbest eingesetzt wurde. Als Geowissenschaftler:in kannst du somit bei der Bewertung von Gebäudeschadstoffen, aber auch bei der Aufbereitung von geogen asbesthaltigen Proben mit den toxischen Fasern in Berührung kommen. Ein Nachweis von Asbest ist über die Rasterelektronenmikroskopie (REM) möglich.
Die Eigenschaften, Einsatzbereiche und Gesundheitsgefährdungen von Asbest und KMF werden im folgenden Artikel erläutert.
Was ist Asbest? Was sind KMF?
Asbest ist eine Sammelbezeichnung für 6 faserförmige, natürlich vorkommende Silikate. Es handelt sich somit nicht um eine eigenständige Mineralgruppe, sondern um ähnlich ausgebildete Minerale mit vergleichbaren Eigenschaften. Hierbei spielen vor allem die sehr geringe Größe und das hohe Achsenverhältnis eine ausschlaggebende Rolle. Asbestfasern sind so klein, dass sie nicht mit bloßem Auge erkennbar sind. Eine beispielsweise 1 µm große Asbestfaser setzt sich aus ca. 2500 Einzelfasern zusammen.
Es wird zwischen Amphibolasbest und Chrysotilasbest unterschieden:
Amphibole sind Bandsilikate. Hier sind die Ketten aus SiO2-Tetraedern zu Doppelketten verknüpft. Vertreter des Amphibolasbestes sind der Krokydolith (blauer Asbest), der Aktinolith, der Anthophyllit, der Amosit und der Tremolit. Die Fasern des Amphibolasbestes sind oft gerader, kürzer und steifer als die des Chrysotilasbestes.
Der Chrysotilasbest ist ein Schichtsilikat. Der Chrysotil, welcher auch als weißer Asbest bezeichnet wird, ist ein faseriger Serpentinit. Es handelt sich um ein Zweischicht-Tonmineral, eine Oktaederschicht wird von einer Tetraederschicht überlagert. Da die Gitterabstände der verschiedenen Schichten nicht perfekt aufeinander passen, kommt es zu einer Krümmung des Schichtpaketes. Durch eine starke Deformation bilden sich kleine Röllchen, das Schichtsilikat bildet sich faserig aus. Chrysotilasbest-Lagerstätten entstehen oft unter hydrothermalen Bedingungen aus Serpentinen. Die Fasern des Chrysotilasbests sind häufig länger und flexibler als die des Amphibolasbest.
Künstliche Mineralfasern sind amorphe silikatische Fasern, die über Düsen- oder Schleuderverfahren produziert werden. Abhängig vom Ausgangsmaterial können unterschiedliche KMF erzeugt werden. So unterscheidet man zwischen Mineralwolle (Glas-, Stein-, Schlackenwollen), textilen Keramikfasern und Fasern für Spezialzwecke (z. B. Glas-Mikrofasern).
Eigenschaften von Asbest und KMF
Die Eigenschaften von Asbest sind vielfältig und können sich je nach Asbestvariante etwas unterscheiden. Dennoch haben Asbestminerale und KMF viele nützliche Eigenschaften gemeinsam, die die vielseitige Einsetzung in Gebäuden begründen. Sie sind beständig gegen Hitze und Feuer und gegen Säuren und Basen. Ihre Verwitterungsresistenz macht sie langlebig. Sie besitzen gute Isolierungseigenschaften und eine geringe Leitfähigkeit. Zudem sind die Fasern flexibel und zugfest und können gut versponnen werden. Leider ist v.a. Asbest aufgrund seiner Lungengängigkeit toxisch und kann schwerwiegende Krankheiten auslösen. In dem Absatz über das Gefährdungspotential der Fasern kannst du mehr über dieses Thema erfahren.
Für was wird Asbest und werden KMF verwendet?
Asbest wurde v. a. während des 20. Jahrhunderts sehr stark und vielfältig genutzt. So wurde in Deutschland zwischen 1965 und den 1970er Jahre jährlich ca. 160.000 – 170.000 Tonnen Asbest verbraucht. Im Folgenden sind exemplarisch nur einige Anwendungsbereiche aufgezählt. Im Hoch- und Tiefbau kann es aufgrund der Hitzebeständigkeit im Brandschutz z. B. in Brandschutztüren und in Schutzvorhängen verwendet werden. Die guten Isolierungseigenschaften, die geringe Leitfähigkeit und die Verwitterungsresistenz machen die faserigen Minerale besonders geeignet als Dicht- und Dämmmaterial. Des Weiteren ist Asbest in Bodenbelägen z. B. Venyl-Bodenbelägen, Wasserleitungen, Wellplatten und in Spachtel- und Fugenmassen verarbeitet. In Asbestzementprodukten wie beispielsweise in Dachplatten und Fließen ist es fest gebunden, während es z. B. im Spritzasbest, in Asbestmatten und Bodenbelägen schwach gebunden ist und die Fasern so leichter in die Atemluft gelangen können. Asbest wurde jedoch nicht nur in Bauprodukten eingesetzt, sondern wurde auch in Haushaltsgeräten wie dem Toaster oder dem Bügeleisen verwendet. Im Schienen-, Straßen- und Flugzeugsektor wurde es in Brems- und Kupplungsbelägen verwendet. Ältere Straßendecken können ebenfalls Asbest enthalten.
Da die KMF ähnliche Eigenschaften wie Asbest haben und diesen ersetzen sollen, sind die Anwendungsbereich ähnlich. So sind sie z.B. in Fassaden, Innenausbauten, in Dächern und in Glasfasertapeten zu finden. Die unterschiedlichen Arten der KMF sind für jeweils bestimmte Einsatzbereiche besonders geeignet. So werden Stein-, und Schlackenfasern im Hausbau, in Heizungs-, Klima-, Kälteanlagen, unter Hallendächer und in Schalldämmungen verwendet. Keramikfasern werden z. B. zur Isolation von industriellen Hochtemperaturöfen genutzt.
Stark belastete geogene Materialien und Vorkommen
Asbest bildet sich unter typischen Druck- und Temperaturbedingungen, wenn die geochemischen Voraussetzungen gegeben sind. Diese Bedingungen herrschen z. B. in metamorphen Zonen, sodass Asbest in einigen Metamorphiten vorhanden ist. Im Aktinolithschiefer (Strahlstein) und in dem Anthophyllitschiefer ist es sogar makroskopisch erkennbar. Akzessorisch kann es beispielsweise in Peridotiten, basischen Vulkaniten und Plutoniten enthalten sein. So kann Asbest zu einem sehr geringen Anteil in Dunit, Basalt und Gabbro zu finden sein.
Große Vorkommen von Chrysotil-Asbest liegen v.a. in der Russischen Föderation bei der Stadt Asbest und in Kanada in der Provinz Quebec. Weitere Lagerstätten sind in Australien, in den norditalienischen Alpen, in Zypern und auf Korsika bekannt. Krokydolith ist v. a. im südlichen Afrika gefördert worden. In Deutschland (z.B. in Sachsen und Thüringen) tritt Asbest in Gängen in Serpentinit, Diabas, Basalt und Granit auf.
Gefährdungspotential von Asbest und KMF
Asbest ist nur gefährlich, wenn die Fasern freigesetzt und eingeatmet werden können. Solange Asbest fest gebunden ist, stellt es keine Gefahr dar.
Es ist wichtig, zwischen schwach und fest gebundenem Asbest zu unterscheiden. Spritzasbest oder Venyl-Bodenbeläge etc. besitzen einen hohen Asbestanteil (meist > 60 %) welcher nur schwach gebunden ist. Die Asbestfasern können bereits durch Erschütterungen und Verwitterung leicht freigesetzt werden, wodurch sie ein hohes Gefährdungspotential besitzen. Fest gebundener Asbest ist oft zu einem geringeren Anteil (10 – 15 %) in Asbestzementprodukten wie z. B. Dachplatten, Blumenkästen, Fließen etc. verarbeitet. Solange die Produkte unbeschädigt sind und keine thermische oder mechanische Belastung erfahren, geht keine gesundheitliche Gefahr von ihnen aus. Wenn sie allerdings z. B. im Rahmen von Sanierungsarbeiten durch Sägen, Schleifen etc. belastet werden, spalten sich die Minerale entlang der kristallographischen Längsachse. Es entstehen immer feinere Fasern, die schließlich freigesetzt werden und lange in der Raumluft schweben und entsprechend eingeatmet werden können.
Wenn die Fasern oral aufgenommen werden, können sie in die Lunge gelangen. Hier können sie aufgrund ihrer Biopersistenz nicht abgebaut oder ausgeschieden werden und reichern sich an. Die kleinen Nadeln können die Lungenbläschen durchstechen und das Gewebe schädigen. Vernarbungen und chronische Entzündungen sind die Folge. Die Mikroverletzungen können zu Immunreaktionen führen: Signale für die Wundheilung werden ausgestoßen, es kommt zu einer vermehrten Zellteilung, wodurch eine Tumorbildung gefördert wird. Krankheiten wie Lungenkrebs, Asbestose und Tumore können noch ca. 20 – 30 Jahre nach der Exposition auftreten. So sterben derzeit weltweit ca. 107.000 Menschen jährlich an asbestbedingten Krankheiten.
Je länger, dünner und biobeständiger eine Faser ist, desto gesundheitsgefährdender ist sie. Eine Länge > 5 μm, ein Durchmesser < 3 μm und ein Verhältnis von der Länge zum Durchmesser von > 3:1 gelten als besonders schädigend. Wenn KMF diese kritische Größe besitzen, gelten auch sie als kanzerogen. V. a. alte KMF, die vor dem Jahre 2000 verwendet wurden, können gefährdend sein. Neue Mineralwollen besitzen jedoch eine gute Biolöslichkeit und können vom Körper abgebaut werden, wodurch das Risikopotential sinkt.
Schutzvorschriften und Grenzwerte
Produkte mit fest gebundenem Asbest sollten nicht ohne Anlass abgebaut werden, da von ihnen keine unmittelbare Gefahr ausgeht. Sollten diese allerdings durch Alterung spröde oder brüchig werden, ist eine Entfernung durch eine fachkundige Person/Firma notwendig. Für den Umgang mit Asbest ist eine spezielle Zulassung notwendig und es muss eine Schutzausrüstung wie z. B. Atemschutzgeräte und Schutzanzüge getragen werden und durch Schleusen eine Schutzzone eingerichtet werden (Schwarzbereich). Sobald Asbest in einem Mischabfall nachgewiesen wurde, gilt der gesamte Abfall als gefährlich und muss gesondert behandelt werden.
Im Umgang mit Asbest wurden verschiedene Grenzwerte festgelegt. Die Höhe der tolerierbaren Konzentrationen hängt von der Nutzung der Räumlichkeiten ab. So ist der Zielwert für Innenräume (500 Fasern pro Kubikmeter Luft) deutlich niedriger als der Grenzwert für Arbeitsplätze (10.000 F/m³). Die Aufenthalts- und damit die Expositionsdauer ist in einer Wohnung deutlich länger als am Arbeitsplatz. Des Weiteren können Kinder und Rentner betroffen sein, die einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind.
Von sachmäßig eingebauten Produkten mit KMF geht keine Gefahr aus. So gibt es keine Grenzwerte in Wohnräumen und einen Grenzwert von 250.000 F/m³ für krebsverdächtige KMF am Arbeitsplatz bei Sanierungs- oder Abbrucharbeiten. Die Einstufung der Gefährlichkeit erfolgt auf Grundlage des Kanzerogenitätsindexes KI, welcher die Beständigkeit im Lungengewebe und die Abbaugeschwindigkeit beschreibt. Umso niedriger der KI, desto schneller sind die Fasern abbaubar.
Analytik zum Nachweis von Asbest
Die gängigste und genaueste Methode zum Nachweis von Asbest stellt die Rasterelektronenmikroskopie (REM) dar. Während ein Lichtmikroskop nur eine ca. 50-fache Vergrößerung ermöglicht, kann mit einem Rasterelektronenmikroskop die Probe um ein 300.000-faches vergrößert werden. Dies macht die REM besonders geeignet zur Auflösung der winzig kleinen Asbestfasern. Durch den Beschuss der Probe mit einem fokussierten Elektronenstrahl entsteht zum einen ein topographisches Bild. Zum anderen kann die chemische Zusammensetzung ermittelt werden (ED-RFA). Durch eine Kombination dieser Ergebnisse mit viel Erfahrung kann Asbest bestimmt werden.
Wechselwirkungen mit der Umwelt
Da Asbest mit der Umwelt wechselwirken kann, ist eine sachgerechte Entsorgung essenziell. So können Fasern, die aus einer Deponie ausgetragen werden, den Boden und das Grundwasser kontaminieren. Organische Substanzen im Wasser können Asbest mobilisieren. Pflanzen und Bakterien können dahingegen den Verwitterungsprozess beschleunigen und die Toxizität verringern.
Referenzen
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Autor:innen
- Dieser Artikel wurde geschrieben und gegengelesen von:
- Andrea Schmid, Donjá Aßbichler
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