Milankovic-Zyklen

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Milankovic-Zyklen sind zyklisch wiederkehrende Klimaphänomene, bedingt durch kosmische Einflüsse, die in Abständen von circa 100.000 bis 150.000 Jahren zu einer Klimaerwärmung und -abkühlung führen. Sie wurden nach dem serbischen Mathematiker Milutin Milankovic benannt, der sie 1864 entdeckte.

In einem Eishausklima, wie es auf der Erde z. B. seit dem mittleren Miozän herrscht, sorgen Milankovic-Zyklen für einen Wechsel von Eiszeiten (Glazialen) und Warmzeiten (Interglazialen).

Auslösende Faktoren der Milankovic-Zyklen

Vier bedeutende Faktoren mit komplizierten Namen spielen für die Klimaveränderungen in einem Milankovic-Zyklus eine Rolle: Obliquitätsänderung der Erdachse, Präzession der Erdachse, Apsidenpräzession des Erdbahn und die Exzentrizität des Erdbahn. Im Folgenden werden sie einzeln erklärt.

Obliquitätsänderung der Erdachse

Obliquität, auch mit Ekliptikschiefe übersetzbar, bezeichnet die Schräglage der Erdachse im Vergleich zur Rotationsebene unseres Sonnensystems. Alle Planeten unseres Sonnensystems kreisen in einer Ebene um den Äquator der Sonne. Während der Entstehung der Erde vor 4,6 Milliarden Jahren stand die Rotationsachse der Erde noch senkrecht zu dieser Ebene, wie auch alle anderen Planeten, aber durch zahlreiche Meteoriteneinschläge, vor allem dem Einschlag des etwa marsgroßen Planetessimalen Theia während dem frühen Hadaikum wurde die Erde um circa 22,1° bis 24,5° von dieser senkrechten Ur-Achse weggekippt.

Diese Einkippung der Erdachse ist in Modellen der Erde, z. B. Globen, dargestellt, indem die Rotationsachse in einem schrägen Winkel zum Stativ steht.

Das oben genannte Spektrum von 22,1° bis 24,5° ist deshalb so vage, weil die Erdachsenneigung (Obliquität) variiert. Durch die Schwerkraft anderer um die Sonne kreisender Planeten, besonders den Schwergewichten Jupiter und Saturn, wird die Erde in einem mehr oder weniger gleichmäßigen Zyklus alle 41.000 Jahre zur Sonne zur Sonne hin und wieder von der Sonne weggeneigt. Einmal in 41.000 Jahren erreicht die Erde also ihre maximale Hinneigung zur Sonne, mit einem Winkel von 24,5°, und einmal in dieser Zeit erreicht sie ihre maximale Wegneigung von der Sonne, mit 22,1°.

Die Folge dieser Obliquitätsänderung ist, dass die von der Erdneigung verursachten Jahreszeiten während einer Phase der maximalen Hinneigung deutlich extremer ausfallen als in einer Phase der Wegneigung. Bei 24,5° Erdneigung wandern die Wendekreise nordwärts, die Sommer werden auch bis in höhere Breiten heißer und eine minimale Erwärmung des Erdklimas ist die Folge. Während einer Wegneigung nähern sich die Wendekreise hingegen dem Äquator an, die nördlicheren und südlicheren Breiten bekommen weniger senkrechte Sonneneinstrahlung ab und Gletscher können sich ausbreiten.

Derzeit liegt die Obliquität der Erdachse bei 23,43° mit abnehmender Tendenz, die nächste maximale Wegneigung wird in circa 8.000 Jahren erreicht werden.

Präzession der Erdachse

Wenn man nur ein einziges Jahr betrachtet, scheint die Erdachse über die ganze Sonnenumkreisung hinweg stillzustehen. Im Dezember deutet der Nordpol von der Sonne weg, im Juni, wenn die Erde auf der anderen Seite der Sonne steht, deutet er zu ihr hin. Im März und September, während den Tag-und-Nacht-Gleichen (Equinoktium) liegt die Erdachse exakt rechtwinklig zur Sonneneinstrahlung.

Aber auch die Erdachse rotiert. Das tut sie sehr langsam, nur etwa alle 26.000 Jahre schafft sie eine vollständige Umdrehung, aber das bedeutet, dass alle 13.000 Jahre der der Nordwinter auf Juli und der Nordsommer auf Dezember fällt. Der Grund für diese "Taumelbewegung" (=Präzession) sind die Gezeitenkräfte von Sonne und Mond.

Apsidenpräzession der Erdbahn

Die Erdumlaufbahn um die Sonne ist ellipsenförmig. Die Elliptik ist nicht sehr ausgeprägt, beide Ellipsenmittelpunkte liegen innerhalb der Sonne, einer im Sonnenkern, der andere in der oberen Photosphäre. Der Abstand von der Erde zur Sonne beträgt 1 Astronomische Einheit +/- 0,017 AE. Der Punkt in seiner Umlaufbahn, an der die Erde der Sonne am nächsten ist (Entfernung: 0,983 AE) wird als Perihel bezeichnet. Hier ist die Sonneneinstrahlung um circa 7% stärker als am entgegengesetzten Punkt in der Elliptik, dem Aphel (Entfernung: 1,017 AE).

Derzeit findet der Perihel am 3. Januar und der Aphel statt, einem groben Umschlagpunkt, ab dem das Wetter auf der Erde zum Sommer hin wärmer wird. Der Aphel hingegen liegt um den 5. Juli.

Auch die Erdbahn ist einer Präzession ausgesetzt. Circa alle 112.000 Jahre wandert der zweite Ellipsenmittelpunkt in der oberen Photosphäre einmal vollständig um seinen Counterpart im Sonnenkern herum. Die Erde durchläuft ihren Perihel also nicht im exakten Ein-Jahres-Abstand sondern meistens etwas früher. Hierzu kommt die Präzession der Erdachse hinzu, die dazu führt, dass man etwa alle 13.000 Jahre den Perihel im Nordsommer durchläuft. Das führt dazu, dass sich das Klima auf der Erde in diesen Phasen leicht erwärmt.

Wie sich am aktuellen Periheldatum im Winter erkennen lässt, ist der letzte dieser "Supersommer" gerade circa 11.000 Jahre her, was mit dem Ende der Würmeiszeit und dem Beginn des aktuellen Interglazials zusammenfällt.

Exzentrizität der Erdbahn

Zur Rotations der elliptischen Erdbahn um die Sonne kommt jetzt auch noch hinzu, dass sie ihre Form leicht verändert. In einem sehr unregelmäßigen Zyklus, der circa alle 405.000 Jahre seinen Höhepunkt erreicht wird die Erdumlaufbahn etwa alle 100.000 Jahre ein bisschen runder und dann wieder etwas elliptischer. Das hat einen Einfluss auf die maximale Sonnenintensität am Perihel. Bei einer maximalen Rundung der Erdbahn wird die Sonneneinstrahlung nur circa 2% stärker, wenn die Erde den Perihel passiert. Bei einer maximalen Elliptik hingegen steigt die Sonnenintensität um bis zu 23% am Perihel, was einen erheblich stärkeren Erwärmungseffekt, und im Falle eines "Supersommers" zu einer noch stärkeren Warmklima führen kann.


Amplifizierung durch Rückkopplungen

Die kosmischen Faktoren, die einen Milankovic-Zyklus auslösen, sind insgesamt relativ schwach. Selbst wenn alle erwärmenden Faktoren sich so überlagern, dass sie zusammenwirken (positive Resonanz) können sie das Erdklima um maximal ein bis zwei Grad erwärmen. Eiszeiten, mit Temperaturstürzen um bis zu 8°C und Interglaziale, in denen die Temperatur um denselben Betrag ansteigt, erfordern auf der Erde existierende Rückkopplungssysteme, die diese Klimaveränderungen verstärken.

Eis-Albedo-Rückkopplung

Albedo bedeutet Rückstrahlkraft, er bezeichnet das Potenzial eines Stoffs, aufgenommene Energie, z. B. Licht, wieder an seine Umgebung abzugeben. Der Albedo-Effekt ist hauptverantwortlich dafür, dass wir unsere Welt in Farbe erleben können, da Stoffe, abhängig von ihren Eigenschaften, nur bestimmte Wellenlängen des sichtbaren Lichts in unsere Augen reflektieren, während sie andere Wellenlängen absorbieren. Ein schwarzer Gegenstand absorbiert alle Wellenlängen des sichtbaren Lichts und gibt diese Energie meist in Form von infraroter Wärmestrahlung wieder ab. Ein weißer Gegenstand hingegen reflektiert alle Wellenlängen des sichtbaren Lichts.

Wenn sich auf der Erde Gletscher ausbreiten, wird ein gewisser Anteil der ansonsten dunkelbraun/-grauen Erde mit weißem Eis bedeckt. Statt einer Oberfläche, die sehr viel Energie von der Sonne absorbiert und als Wärme abstrahlt, dominiert jetzt eine Oberfläche, die das weiße Sonnenlicht unverändert ins Weltall zurück spiegelt. Ohne diese zusätzliche Sonnenenergie wird es auf der Erde kälter, die Gletscher breiten sich noch weiter aus und mit ihnen wächst die Rückstrahlkraft der Erde. Je weiter die Gletscher vorstoßen, desto kälter wird es, desto weiter stoßen die Gletscher vor.

Dieser Prozess wird als die Eis-Albedo-Rückkopplung bezeichnet.


Ozean-CO2-Rückkopplung

Wasser ist ein Lösungsmittel, das andere Stoffe, z. B. Salze oder bestimmte Gase, unter bestimmten Druck- und Temperaturbedingungen in Lösung halten kann. Kohlensäure, z. B. in einer Sprudelflasche, ist ein gutes Beispiel hierfür. Das Gas Kohlenstoffdioxid kann in Wasser als Kohlensäure gelöst bleiben, sofern dieses Wasser kalt genug ist und einem ausreichenden Umgebungsdruck ausgesetzt ist. Öffnet man die Flasche, ändert sich der Druck und das Gas perlt aus der Flüssigkeit aus.

Die Lösungsfähigkeit von Wasser sinkt mit steigender Temperatur, weil dem System Energie hinzugefügt wird und die separierenden Hydrathüllen um gelöste Stoffe instabiler werden. Im Beispiel der Wasserflasche verliert eine eisgekühlte Flasche Sprudel beim Öffnen weniger Kohlensäure als eine, die in der Sonne stand (deshalb immer den Hinweis "kühl und lichtgeschützt lagern").

Die Ozeane unseres Planeten speichern ähnlich wie eine Sprudelflasche Kohlenstoffdioxid, nur in deutlich geringeren Konzentrationen. Erwärmt sich die Erdatmosphäre, werden auch die obersten Schichten des Ozeans erheblich wärmer, was zu einem Absinken ihres Lösungsvermögens und einem Ausstoß des in ihnen gespeicherten Kohlenstoffdioxids in die Erdatmosphäre führt. Da Kohlenstoffdioxid ein Treibhausgas ist, das durch den Treibhauseffekt zu einer Erwärmung der Erde beiträgt, kommt es hier zu einer Rückkopplung: Mehr CO2-Ausstoß bedeutet höhere Temperaturen, bedeutet eine Erwärmung des Ozeans, bedeutet mehr CO2-Ausstoß.

Auf einer Erde im Eishausklima führt schon eine kleine Erwärmung während einer Kaltzeit dazu, dass diese Rückkopplung ein interglaziales Warmklima hervorruft.

Umgekehrt führt die hohe Temperatur zu einer höheren Verdunstungsrate des Meerwassers, es kommt zu stärkeren Niederschlägen, die das CO2 aus der Atmosphäre auswaschen. Sobald es also wieder kälter wird, und die Ozeane wieder mehr CO2 zurückhalten können, wird dieses relativ rasch aus der Atmosphäre entfernt und das Klima wird wieder kälter.

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Dieser Artikel wurde geschrieben und gegengelesen von:
Leonard von Ehr
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