Elementarzelle im Kontext von Kristallgittern
Die kleinste verschiebbare Einheit eines Kristallgitters (und somit eines Translationsgitters) nennt man Elementarzelle, Basis oder Basismotiv. Im dreidimensionalen Kristallgitter stellt sie ein Volumen dar, ein sogenanntes Parallelepiped, dessen Aufbau abhängig von den Gitterkonstanten des Kristallgitters ist. Daraus erschließt sich, dass bei einem verzerrten Kristallgitter die Elementarzelle folglich auch verzerrt sein muss.
Beispiel 1: Im Falle eines kubischen Kristallsystems (a = b = c und α = β = γ = 90°) ist a = b = c und α = β = γ = 90°. Aus der Perspektive eines Punktes haben alle Richtungen im Raum die gleichen Eigenschaften. Es findet keine Verzerrung statt.
Beispiel 2: Im Falle eines tetragonalen Kristallsystems (a = b ≠ c und α = β = γ = 90°) findet eine Streckung der Elementarzelle entlang der c-Achse statt.
Beispiel 3: Im Falle eines hexagonalen Kristallsystems (a = b ≠ c und α = β = 90°, γ = 120°) findet zusätzlich zur Streckung entlang der c-Achse noch eine Verzerrung durch den Winkel zwischen den kristallographischen Achsen a und b statt.
Achtung: | |
Der Begriff Elementarzelle wird auch im Kontext von Kristallstrukturen verwendet. |
Die relative Kantenlänge einer Elementarzelle
Als Basisvektoren bezeichnet man die Kanten a, b und c der Elementarzelle. Sie spiegeln die Vektoren der Translationssymmetrie wider und werden häufig auch zur Beschreibung des kristallographischen Koordinatensystems eines Kristalls verwendet. Wir erinnern uns, Kristallgitter können verzerrt sein und dementsprechend passt sich das kristallographische Koordinatensystem an die Verzerrung und folglich auch an das untersuchte Kristall an.
In einem kubischen Kristallsystem sind die Basisvektoren a, b und c gleich lang und die Winkel zwischen den Vektoren gleich groß. Bei den anderen Kristallsystemen kann es durch Verzehrung zu einer Änderung der Kantenlängen kommen. In der Kristallographie schaut man sich daher die relative Kantenlänge in Bezug auf die kristallographischen Achsen an. Diese ermittelt man aus dem Verhältnis zwischen einem Basisvektor und einer Referenzkante.
So geht es: Wir bilden die Verhältnisse a/b, b/b, c/b. Wie du wahrsheinlich schon erkannt hast, wird in diesem beispielhaften Fall die Kantenlänge b als Referenzachse genommen. Hat man die relativen Kantenlängen ermittelt, wird deren Beziehung folgendermaßen angegeben - a:b:c. Heutzutage werden die Kantenlängen mit Hilfe der '''Röntgenbeugung''' bestimmt.
Die Bestimmung der Richtungswinkel der Basisvektoren
Die Winkel der Basisvektoren einer Elementarzelle sind analog zu den Winkel der Translationsvektoren des zugehörigen Kristallgitters. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten diese zu bestimmen:
- Eine Möglichkeit sind Winkelmessungen im Dünnschliff. Dazu gibt es hier bereits einen Artikel.
- Eine weitere Möglichkeit ist die Winkelmessung eines Kristalls mit einem Winkelmessgerät - dem Goniometer. Der Begriff Goniometer ist eng verbunden mit der Goniometrie. Sie beschreibt die Wissenschaft der (Flächen-)Winkelvermessung und findet in mehreren Wissenschaften (Geodäsie, Medizin, Kristallographie, etc.) in unterschiedlichen Skalen statt. In der Kristallographie werden (Flächen-)Winkel von Kristallen vermessen.
Tipp: | |
Die Gitterparameter des Kristallgitters können mit der Einkristall-Diffraktion bestimmt werden. |
Beispiele zur Bestimmung des Kristallsystems anhand einer Elementarzelle
Beispiel 1: Fluorit
Bei der Bestimmung der Elementarzelle des Fluorits werden folgende Kantenlänge in Ångström [Å] bestimmt:
- a = 5,463 Å,
- b = 5,463 Å,
- c = 5,463 Å.
Wir bilden die Achsenverhältnisse mit Achse b als Referenz:
- a/b = 5,463/5,463 [Å/Å] = 1 [-]
- b/b = 5,463/5,463 [Å/Å] = 1 [-]
- c/b = 5,463/5,463 [Å/Å] = 1 [-]
Folglich besitzt unsere Elementarzelle folgendes Kantenverhältnis:
- 1:1:1
Die Kantenlängen sind gleich lang (a = b = c). Es kommen nur die Kristallsysteme kubisch und trigonal in Frage. Aus einer goniometrischen Untersuchung geht hervor, dass alle Winkel orthogonal zu einander sind (α = β = γ = 90°). Folglich hat Fluorit ein kubisches Kristallsystem.
Beispiel 2: Fayalit
Als nächstes wollen wir die Elementarzelle des Fayalits herausfinden. Folgende Parameter wurden bestimmt.
- a = 4,756 Å,
- b = 10,195 Å,
- c = 5,981 Å.
Erneut bilden wir die Achsenverhältnisse mit Achse b als Referenz:
- a/b = 4,756/10,195 [Å/Å] = 0,467 [-]
- b/b = 10,195/10,195 [Å/Å] = 1 [-]
- c/b = 5,981/10,195 [Å/Å] = 0,587 [-]
Folglich besitzt unsere Elementarzelle folgende Kantenverhältnis:
- 0,467:1:0,587
Im Falle des Fayalits sind die Kantenlängen alle unterschiedlich lang (a ≠ b ≠ c). In Frage kommen nur das orthorhombische, das monokline und das trikline Kristallsystem. Die goniometrische Untersuchung stellt zweifelslos dar, dass alle Winkel orthogonal zu einander sind (α = β = γ = 90°) und somit ist nun klar: Der Fayalit hat ein orthorhombisches Kristallsystem.
Referenzen
Markl G. (2004) Minerale und Gesteine - Eigenschaften - Bildung - Untersuchung.
Robert, C. & Bousquet, R. (2018): Geowissenschaften - Die Dynamik des Systems Erde, Springer Spektrum, 1017 pp.
Mineralienatlas: https://www.mineralienatlas.de/index.php
Autor:innen
- Dieser Artikel wurde geschrieben und gegengelesen von:
- Phil Lavorel
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