Nahordnung vs. Fernordnung

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Die Begriffe Nah- und Fernordnung werden in der Kristallographie und der Physik im Kontext von Kristallstrukturen verwendet und beschreiben die Anordnung der Atome in einem Festkörper. Die kleinste Einheit einer Kristallstruktur wird als Elementarzelle bezeichnet. Mit abnehmender Temperatur entsteht aus einer Flüssigkeit oder Schmelze eine periodische Anordnung der Elementarzellen. Eine geordnete Struktur ist im Vergleich zu einer ungeordneten Struktur energetisch günstiger. Im idealen Fall wiederholt sich das periodische Muster. Der Kristall ist über einen großen Bereich in der Ferne geordnet. Es herrscht eine Fernordnung vor. In der Natur sind ideale Fälle nicht immer gegeben und so kann es sein, dass es eine systematische Wiederholung der Elementarzelle gibt, aber nur in einem eng begrenzten (also nahen) Bereich. Jetzt spricht man von Nahordnung.


Fernordnung

Als Fernordnung wird bezeichnet, wenn sich eine Anordnung von Atomen, Ionen und Moleküle periodisch (regelmäßig) in einem dreidimensionalen Raum wiederholt. Die Fernordnung ist eine der wichtigsten Eigenschaften in einem Kristall und somit auch eines Minerals.

Beispiel:

Bestimmt hast du schon einmal in der Schule das Modell einer Kristallstruktur eines Halits (Steinsalz) gesehen. Natrium- (Na) und Chlorid- (Cl) Ionen sind periodisch in einer Gitterstruktur angeordnet. Egal welchen Ausschnitt der Kristallstruktur wir uns anschauen, du wirst immer dasselbe Muster sehen.

Keine Ordnung

Das Gegenteil von Fernordnung ist keine Ordnung: Erkennt man in einem Festkörper kein periodisches Muster, liegt also keine Ordnung der Atome vor, dann bezeichnet man den Festkörper als amorph. Mehr dazu erfährst du hier.

Nahordnung

Es gibt noch eine Zwischenstufe zwischen Mineralen mit Fernordnung und Festkörpern ohne Ordnung der Atome: die sogenannte Nahordnung. Hier können die kleinsten Bauteile nur teilweise ihre nächsten Nachbarn finden - es kommt lokal (im nahen Bereich) zu einer gewissen Ordnung in der Phase. Man spricht hier daher von einer Nahordnung.

Beispiel:

Wenn ein Mineral sehr schnell vom flüssigen Zustand zum festen Zustand wechselt, z.B. wenn die Abkühlung einer Schmelze zu schnell abläuft, kann es vorkommen, dass die Zeit nicht ausreicht, um eine Fernordnung auszubilden. Die erstarrte Schmelze versucht noch die energetisch günstigere Anordnung zu erreichen, scheitert jedoch aufgrund der kurzen Zeit, eine Fernordnung herzustellen.


Beachte:
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Ein Kristall mit Fernordnung besitzt immer eine Nahordnung. Ein amorpher Festkörper kann vollständig ungeordnet sein, aber kann ebenfalls in lokal begrenzten Bereichen eine Nahordnung besitzen.

Beispiel: Quarz vs Quarzglas

Sowohl Quarz als auch Quarzglas bestehen aus Siliziumdioxid (SiO2). Der Unterschied zwischen den beiden liegt in der Fernordnung. Quarz ist kristallin, Glas ist amorph. Zur Veranschaulichung dient nachfolgende zweidimensionale Anordnung der Atome Silizium und Sauerstoff.

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Schau dir beide Bilder genau an. Es fallen drei Beobachtungen auf!

  • In beiden Abbildungen wechseln sich Silizium (graue Kugeln) und Sauerstoff (blaue Kugeln) ab.
  • In der linken Abbildung kannst du viele wunderschöne Sechsecke erkennen, die in einer Wabenstruktur angeordnet sind. Wenn du dir jetzt eine Wabe aussuchst, kannst du sie in alle Richtungen kopieren. Dadurch entsteht im dreidimensionalen Raum die Fernordnung vom Quarz.
  • In der rechten Abbildung ist eine regelmäßige Anordnung vergeblich zu suchen. Von einer Fernordnung kann nicht die Sprache sein. Hierbei handelt es sich um amorphes Quarzglas.
Beachte:
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Der Einfachheit halber haben wir hier eine zweidimensionale Darstellung gewählt. Eine Kristallstruktur ist immer dreidimensional. Erfahre mehr über Kristallstrukturen hier!


Weitere Informationen und Literatur

Schröcke H., Weiner K.-L. (1981) Mineralogie - Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage.

Markl G. (2004) Minerale und Gesteine - Eigenschaften - Bildung - Untersuchung.

Autor:innen

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Dieser Artikel wurde geschrieben und gegengelesen von:
Phil Lavorel, Donjá Aßbichler
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