Systematik der Minerale

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Ausschlaggebend für die Einteilung der Minerale in die verschiedenen Mineralklassen ist ihre chemisch-strukturelle Eigenschaft, also welche Elemente oder Verbindungen ein Mineral enthält. Eingeführt wurde die Systematik der Minerale vom deutschen Mineralogen Karl Hugo Strunz. Ursprünglich nur aus neun Klassen bestehend, werden die Minerale heutzutage in 10 unterschiedliche Mineralklassen eingeordnet. Stand November 2023 ist die 9. Auflage aktuell. In Europa wird üblicherweise die Systematik der Minerale nach Strunz verwendet:


1. Mineralklasse: Elemente

In der Natur gibt es chemische Elemente, die in ihrem elementaren Zustand auftreten können.

Gediegenes Kupfer. Foto: W. Stoiber, 2023.

Verbreitete Vertreter der gediegenen (= kommen in der Natur elementar vor) Metalle sind:

  • Blei (Pb)
  • Eisen (Fe)
  • Gold (Au)
  • Kupfer (Cu)
  • Platin (Pt)
  • Quecksilber (Hg)
  • Silber (Ag)
  • Zink (Zn)
  • Zinn (Sn)


Elementarer Schwefel. Foto: W. Stoiber, 2023.

Vertreter der gediegenen Halbmetalle sind:

  • Antimon (Sb)
  • Arsen (As)


Vertreter der Nichtmetalle sind:

2. Mineralklasse: Sulfide und Sulfosalze

In dieser Mineralklasse werden alle Minerale mitgezählt, die aus einer Verbindung zwischen einem Metall und einem Schwefel (S) bestehen. Die Minerale weisen meist ein metallisches Aussehen (undurchsichtig, erzig) auf und haben eine hohe Dichte. Metalle, die in Verbindung mit anderen chalkogenen Elementen eingehen, wie zum Beispiel Selen (Se), Tellur (Te), Arsen (As), Antimon (Sb) und Bismut (Bi) werden ebenfalls in diese Klasse aufgezählt. Es handelt sich dementsprechend um Selenide, Telluride, Arsenide, Antimonide und Bismutide.

Viele Minerale aus dieser Klasse haben im Deutschen zusätzlich zum Internationalen Namen noch einen altdeutschen Namen. Dieser stammt meistens aus dem Bergbau und endet mit -Kies, -Glanz, oder -Blende. Die Endung beschreibt das Aussehen des unbearbeiteten Minerals.

Arsenkies, auch Arsenopyrit genannt. Foto: W. Stoiber, 2023.

Kiese sind gelbmetallisch glänzende Minerale:

  • Arsenkies (Arsenopyrit): FeAsS
  • Buntkupferkies (Bornit): Cu5FeS4
  • Kupferkies (Chalkopyrit): CuFeS2
  • Magnetkies (Pyrrhotin): FeS
  • Nickelkies oder Haarkies (Millerit): NiS
  • Rotnickelkies (Nickelin): NiAs
  • Schwefelkies oder Eisenkies (beinhaltet auch Markasit) (Pyrit): FeS2
  • Silberkies (Argentopyrit): AgFe2S3
  • Speerkies oder Kammkies oder Leberkies oder Eisenkies (beinhaltet auch Pyrit) (Markasit): FeS2
  • Weißnickelkies (Nickelskutterudit): (Ni,Co,Fe)As3
  • Zinnkies (Stannin): Cu2FeSnS4
Achtung:
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Beim Mineral Kieselzinkerz (Hemimorphit) leitet sich das Präfix -Kiesel von der Kieselsäure. Es ist somit ein (Gruppen-)Silikat.

Bleiglanz, auch Galenit genannt. Foto: W. Stoiber, 2023.

Glanze sind graumetallisch glänzende Minerale:

  • Bleiglanz oder Bleischweif (Galenit): PbS
  • Grauspießglanz oder Spießglanz (Stibnit): Sb2S3
  • Kobaltglanz (Cobaltin): CoAsS
  • Kupferglanz (Chalkosin): Cu2S
  • Molybdänglanz (Molybdänit): MoS2
  • Silberglanz (Akanthit): Ag2S
  • Wismutglanz (Bismuthinit): Bi2S3
  • AUSNAHMEN: Eisenglanz (Hämatit) = Oxid; Weißspießglanz (Valentinit) = Oxid
Zinkblende, auch Sphalerit genannt. Foto: W. Stoiber, 2023.

Blenden glänzen halbmetallisch. Sie haben einen blendenartigen Glanz oder einen Diamantglanz

  • Feuerblende (Pyrostilpnit): Ag3SbS3
  • Zinkblende (Sphalerit): (Zn,Fe)S
  • AUSNAHME: Pechblende (Uraninit) = Oxid; Hornblende (Bandsilikate)


Sulfosalze werden im Vergleich zu den Sulfiden durch strukturell trigonale Pyramiden aufgebaut, die einzeln als auch in Gruppen auftreten können - ähnlich wie bei den Silikaten. Sulfosalze - oder auch Komplexsulfide genannt - weisen meist keinen Glanz auf. Im Deutschen werden sie auch Fahlerze genannt. Beispiel: Tetraedrit Cu6(Cu4Hg2)Sb4S13

3. Mineralklasse: Halogenide

Halegonide enthalten, wie der Name es bereits vermuten lässte, Elemente der Halogene (7. Hauptgruppe im Periodensystem) in ihrer chemischen Formel. Darunter zählen die Elemente: Fluor (F), Chlor (Cl), Brom (Br) und Iod (I). Halegonide bestehen meist aus einer Ionenbindung zwischen negativ geladene Halogene und positiv geladene Metalle. Die wichtigsten Halegonide entstehen primär als Evaporite (siehe Salze der Evaporitreihe) oder in hydrothermalen Lagerstätten. Dies schließt weitere Paragenesearten nicht aus.

Salze der Flusssäure (HF) nennt man Fluoride. Der wichtigste Vertreter ist der Fluorit (CaF2).

Salze der Salzsäure (HCl) nennt man Chloride. Die wichtisgsten Vertreter findet man häufig in Evaporitbecken. Dazu gehören Halit (NaCl), Sylvin (KCl) und Carnallit (KMgCl3·6H2O).

Salze der Bromsäure (HBr) heißen Bromide.

Salze der Iodsäure (HI) werden Iodide genannt.

Halegonide haben meist eine geringe Härte, sind oft wasserlöslich und für sich genommen farblos. Die vielen Farbvarietäten sind allochromatisch, das heißt ihre Farbe verdanken sie dem Einbau von Fremdionen oder Einschlüssen, Gitterdefekten oder radioaktiven Einwirkungen.

4. Mineralklasse: Oxide und Hydroxide

Oxide sind Minerale, in der Sauerstoff (O) eine Verbindung mit einem oder mehreren Metallen bildet. Der charakteristische Baustein dieser Mineralklasse ist also der Sauerstoff.

Da Sauerstoff ein sehr häufiges Element in der Natur ist und außerdem gerne reagiert, existieren sehr viele verschiedene Oxide. Je nachdem, mit welchem Metall der Sauerstoff reagiert, haben die Verbindungen unterschiedliche Eigenschaften. Magnesiumoxid (MgO) beispielsweise hat keine elektrische Leitfähigkeit und kann in der Technik als Isolator verwendet werden. Nickeloxid (NiO) hingegen besitzt eine geringe elektrische Leitfähigkeit und wird als Halbleiter genutzt.

Generell sind Oxide vielseitig einsetzbar und kommen u. a. in Pigmenten, Keramiken, Gläsern, Katalysatoren und elektronischen Bauteilen vor.

Hämatit, hier als "Roter Glaskopf". Foto: W. Stoiber, 2023.

Wichtige Oxide sind unter anderem:

  • Vertreter der Spinell-Gruppen (X2+Y3+2O4), wie zum Beispiel der Spinell (MgAl2O4) - ein Aluminatspinell, der Magnetit (Fe3O4) - ein Ferritspinell und der Chromit (auch Chromeisenerz) (FeCr2O4) - ein Chromitspinell.
  • Vertreter der Hämatit-Gruppe (X2O3), wie zum Beispiel der Korund (Al2O3) und der Hämatit (Fe2O3).
  • Vertreter der Rutil-Gruppe (XO2), wie zum Beispiel der Rutil (TiO2), der Pyrolusit (MnO2) und der Kassiterit (SnO2).
Goethit, hier als "Brauner Glaskopf". Foto: W. Stoiber, 2023.

Wichtige Hydroxide sind unter anderem:

  • Goethit (α-Fe3+O(OH))
  • Lepidokrokit (γ-Fe3+O(OH))
  • Manganit (MnOOH)

5. Mineralklasse: Karbonate

Chemisch gesehen sind Karbonate Salze der Kohlensäure H2CO3. Entsprechend ist der charakteristische Baustein der Karbonatgruppe der Anionenkomplex [CO3]2-. Calcit hat beispielsweise die chemische Formel Ca[CO3], d.h. es ist ein Mineral mit Calcium (Ca2+) und [CO3]2- im Verhältnis 1:1. Aber es gibt außer dem Calcit noch viele weitere Karbonate.

Wichtige Karbonate sind:

  • Vertreter der Calcit-Gruppe, wie zum Beispiel der Calcit (Ca[CO3]), der Magnesit (= Bitterspat) (Mg[CO3]), Siderit (= Eisenspat) (Fe2+[CO3]), Rhodochrosit (= Manganspat) (Mn[CO3]).
  • Vertreter der Dolomit-Gruppe, wie zum Beispiel der Dolomit (CaMg[CO3]2) und der Ankerit (Ca(Fe2+,Mg,Mn)[CO3]2).
  • Vertreter der Aragonit-Gruppe, wie zum Beispiel der Aragonit (Ca[CO3]).
  • Vertreter der Azurit-Rosarit-Gruppe, wie zum Beispiel der Azurit (Cu3[CO3]2(OH)2).
  • Vertreter der Malachit-Gruppe, wie zum Beispiel der Malachit (Cu2[CO3](OH)2).

6. Mineralklasse: Borate

Borate sind Salze der Borsäuren (HBO2 oder H2B4O7 oder H3BO3, etc.). Die charakteristischen Bausteine sind der trigonale [BO3]3- und der tetragonale [B(O,OH)4]-. Beispiele wären der Hambergit Be2[BO3(OH)] oder der Sassolin [BOH3].

7. Mineralklasse: Sulfate

Sulfate sind Salze der Salzsäure (H2SO4). Der charakteristische Baustein der Sulfatgruppe sind die Komplexionen [SO4]2-.

Sulfate sind häufig farblos oder durchsichtig, oft wasserlöslich und haben eine geringere Härte (<4). Viele Sulfate zählen zu den gesteinsbildenden Mineralen. Sulfate wie der Anhydrit oder der Gips können sich auch evaporitisch bilden.

Wichtige Sulfate:

  • Gips: Ca[SO4] * 2 H2O
  • Anhydrit: Ca[SO4]
  • Schwerspat (Baryt): Ba[SO4]
  • Coelestin: Sr[SO4]


Minerale wie die Selenate, die Tellurate, die Chromate, die Molybdate und die Wolframate werden analog zu den Sulfaten aufgebaut und deshalb auch zur Gruppe der Sulfate gezählt. Der charakteristische Baustein lautet für die:

  • Selenate (Selen = Se): [SeO4]2-
  • Tellurate (Tellur = Te): [TeO4]2-
  • Chromate (Chrom = Cr): [CrO4]2-
  • Molybdate (Molybdän = Mo): [MoO4]2-
  • Wolframate (Wolfram = W): [WO4]2-


Ein Vertreter der Wolframate ist der Scheelit (Ca[WO4])

8. Mineralklasse: Phosphate, Arsenate und Vanadate

Phosphate sind Salze der Phosphorsäure (H3PO4). Der charakteristische Baustein der Phosphatgruppe ist [PO4]3-. Wichtige Vertreter wären der Apatit (Ca5[PO4]3(Cl,F,OH), der Türkis (Cu(Al,Fe)6[PO4]4(OH)8*4 H2O und der Monazit. Der Monazit ist in den letzten Jahren berühmt geworden, da es seltenen Erden enthält, nämlich Cer (Ce), Lanthan (La), Neodym (Nd) und Samarium (Sm). Entsprechend können Kristalle mit den Zusammensetzungen Ce[PO4], La[PO4], Nd[PO4] und Sm[PO4] vorliegen.

Analog dazu sind Arsenate Salze der Arsensäure (H3AsO4). Der charakteristische Baustein ist daher das Arsenat-Ion [AsO4]3-. Beispiel: Xanthiosit Ni3[AsO4]2.

Wem wundert es, natürlich sind die Vanadate Salze der Vanadinsäure (H3VO4). Der charakteristische Baustein ist das Vanadat-Ion [VO4]3-. Beispiel: Mcbirneyit Cu3[VO4]2.

9. Mineralklasse: Silikate (Germanate)

Die Mineralklasse der Silikate (Germanate) umfasst eine Vielzahl an gesteinsbildenden Mineralen. Aus Übersichtsgründen werden die Silikate in einem separaten Artikel erscheinen.

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10. Mineralklasse: Organische Verbindungen

Hier werden die Salze organischer Säuren, Kohlenwasserstoffe und weitere diverse organische Minerale. Unter anderem werden auch Harze zu der Klasse der organischen Verbindungen dazugezählt, obwohl Harze genau genommen keine Minerale sind.

Ein bekannter Vertreter der Harze ist der Bernstein.

Weitere Informationen und Literatur

Strunz H., Nickel E. (2001) Strunz Mineralogical Tabels. Ninth Edition - Chemical-Structural Mineral Classification System

Uni-tuebingen.de: Eberhard Karls Universität Tübingen - Systematik der Minerale - (Stand 22.12.2023)

Mineralienatlas.de: Mineralsystematik nach Strunz 9. Auflage von 2001 (incl. spätere Erweiterungen) (Stand 22.12.2023)

Okrusch M., Matthes S. (2013) Mineralogie

Autor:innen

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Dieser Artikel wurde geschrieben und gegengelesen von:
Phil Lavorel
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