Venus vom Hohle Fels

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Die "Venus vom Hohle Fels" ist eine circa 40.000 Jahre alte, dreidimensionale Figur aus Mammutelfenbein, die als die älteste überlieferte Skulptur der Menschheitsgeschichte gilt und eine der ersten Menschendarstellungen. Sie entstammt dem Hohle Fels, einer Karsthöhle im Achtal der schwäbischen Alb nahe der Ortschaft Schelklingen (Alb-Donau-Kreis).

In der chronologischen Einteilung des Spätquartärs nach dem Entwicklungsstand der Menschen entspricht die Lage, in der die Venus gefunden wurde, dem Aurignacien. Das Aurignacien war eine älteste Phase der Jungsteinzeit, während der die Art Homo sapiens gerade erst in Europa Fuß fasste.

Beschreibung

Die Venus vom Hohle Fels ist 59,7 Millimeter hoch, 34,6 Millimeter breit und 31,3 Millimeter dick. Der linke Arm, die linke Schulter, Teile des linken Beins und des Gesäßes fehlen. Bei ihrem Fund war die Figur in mehrere, davon sechs auffindbare, Teile zerbrochen und über einen Raum von einem Viertelquadratmeter verteilt. Die Höhendifferenz im Sediment zwischen den einzelnen Fragmenten betrug bis zu 10 Zentimeter.

Die Figur bildet scheinbar einen überzeichneten, weiblichen Körper ab, mit großen Brüsten, einem betonten Gesäß, akzentuiertem Genitalbereich und fülligem Bauch im Kontrast zu kurzen, dünnen Armen und Beinen. Gesäßfurche und Vulva gehen unterbrechungslos ineinander über. Statt einem Kopf besitzt die Figur eine Öse mit polierter Innenfläche, was darauf hinweist, dass sie an einem Lederband, z. B. einer Halskette getragen wurde. Die Beine sind asymmetrisch und spitz zulaufend, Füße besitzt die Figur nicht. Die Arme, die die Figur unter ihren Brüsten auf den Bauch legt, enden in einzeln herausmodellierten Fingern.

Die Figur weist keine Spuren einer möglichen Einfärbung mit Farbpigmenten auf, dafür aber eine Reihe präzise gezogener Einkerbungen. Die vermutlich bedeutungsträchtigsten davon sind die neun horizontalen Linien, die sich über den Bauch der Venus ziehen.

Thesen zur möglichen Bedeutung der "Venus"

Ohne den Kontext der Kultur, der die Venus entstammt, zu kennen, ist es unmöglich, der Figur einen eindeutig profanen oder sakralen Charakter zuzuschreiben. Dennoch gibt es eine Vielzahl an Theorien, wen oder was die Venus darstellen soll.

Eine der ältesten Theorien, die sich auch in ihrem Namen widerspiegelt, besagt, dass die Venus eine Ikone der Fruchtbarkeit oder eine Fruchtbarkeits- und Mutterschaftsgöttin sein könnte. Für viele Naturvölker spielt Fortpflanzung eine zentrale, teils heilige Rolle, und fortpflanzungsfähigen Frauen wird, aufgrund ihrer Fähigkeit, Kinder zu Welt zu bringen, die Macht über Leben und Tod zugeschrieben. Dies spiegelt sich auch in diversen jüngeren Religionen wieder, in denen sowohl Elternschaft und Liebe, als auch der Tod häufig von (verwandten/identischen) weiblichen Göttinnen repräsentiert werden (z. B. Demeter/Ceres und Persephone/Proserpina im graeco-romanischen Pantheon, Parvati und Kali im hinduistischen Pantheon, Ishtar und Erishkegal im assyrisch-mesopotamischen Pantheon. Manchmal sind die Göttinen Schwestern, Aspekte voneinander oder Mutter und Tochter). Durch ihre unproportional großen Geschlechtsmerkmale und ihre scheinbare Schwangerschaft erfüllt die Venus archetypische Attribute einer Fruchtbarkeitsgöttin.

Eine andere Hypothese besagt, dass die Venus ein Schaubild sein könnte, das zur sexuellen Aufklärung junger Menschen genutzt werden könnte, da Brust- und Bauchausdehnung über einen Zeitraum von neun Mondzyklen (s. neun Linien auf dem Bauch der Venus) und letztendlich eine Weitung der Vagina zum Zeitpunkt der Geburt Kennzeichen einer Schwangerschaft sind.

Eine Interpretation der Figur als Schutztalisman für eine konkrete oder mehrere Schwangere ist ebenfalls denkbar. Die Pose der Figur, mit den Händen unter ihren Brüsten (sog. "Brüstehalterin" oder "Brüsteweiserin"), taucht in mehreren Kulturen, z. B. der assyrischen und mesopotamischen Frühkultur als übel-abwehrende oder schutzbietende Geste auf.

Weniger sakralen Charakters sind andere Thesen, die die Venus als (nach damaligem Gesellschaftsbild womöglich schmeichelhafte) Darstellung einer realen Person sehen. Das Material, Mammutelfenbein, ist für den Skulpturbau eher ungeeignet, es bricht durch seinen konzentrischen Lagenbau leicht auseinander. Obwohl die herausforderndere Arbeit am Elfenbein auch die These der Göttinnenverehrung unterstützt, sehen manche Anthropologen es eher als einen Verweis darauf, dass die Figur von einem begabten Künstler für eine möglicherweise romantisch begehrte Frau geschaffen wurde, um dessen Fertigkeiten zu beweisen. Für das Geschlecht des Künstlers existieren bislang keinerlei Indizien. Falls das Mammut, von dem das Elfenbein stammt, zudem vom Künstler/der Künstlerin oder der Adressatin selbst erlegt wurde, hätte das Geschenk noch eine tiefere Bedeutung, da es denjenigen als erfolgreichen Jäger auszeichnet.

Ebenso denkbar, ist dass die Figur keiner realen Person oder einem religiösen Ideal nachempfunden wurde, sondern dass es sich bei ihr um pornographisches Material handelt, ähnlich rezenter, überzeichneter Darstellungen von Frauen, die den Betrachter sexuell erregen sollen. Speziell die Gesichtslosigkeit der Figur weist laut einigen Experten hierauf hin, dass bewusst keine konkrete Person gemeint sei. Die Wahl des schwer zu bearbeitenden Materials würde in diesem Fall auf einen anderen Stellenwert der Pornographie in der neolithischen Gesellschaft hinweisen.

Referenzen

Welt Kult-Ursprung – World origins of culture; Urgeschichtliches Museum Blaubeuren, ISBN: 9783799511681

Autor:innen

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Dieser Artikel wurde geschrieben und gegengelesen von:
Leonard von Ehr
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