Ammoniten

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Dactylioceras commune, ein Ammonit

Ammoniten (Ammonoidea) sind ein ausgestorbenes Taxon von Kopffüßern (Cephalopoda), die während dem frühen Devonzeitalter zum ersten Mal auftraten und am Ende der Kreidezeit ausstarben. Das Taxon teilt sich grob in drei Untertaxa: Die Goniatitida, Ceratitida und Ammonitida. Ammoniten sind charakterisiert durch eine zumeist schneckenförmig aufgerollte Schale aus Aragonit. Form und Ausprägung des Weichkörpers ist nicht bekannt, Rückstände von Tinte in den Wohnkammern einiger Ammoniten legen jedoch eine nahe Verwandtschaft (und ggf. eine äußerliche Ähnlichkeit) mit den Tintenfischen (Coleoidea) nahe.

Die größte bekannte Ammoniten-Art ist Parapuzosia seppenradensis mit einem Durchmesser von 2,30 m. Die meisten Individuen liegen jedoch in einer Größenordnung zwischen 1 und 30 cm.

Namensherkunft

Der Name "Ammonit" leitet sich von der Bezeichnung "Ammonis cornua" (=lat.: Horn des Ammon) ab, die der römische Naturwissenschaftler Plinius der Ältere prägte. Bei Ammon handelt es sich um den latinisierten Namen des ägyptischen Gottes Amun, eine Sonnengottheit, die traditionell mit dem Kopf eines Widders (=männliches Schaf) dargestellt wurde. In römischer Tradition wurde Amun mit einem ranghohen römischen Gott, dem Himmelsgott Iupiter gleichgesetzt und in diesen integriert, was in Darstellungen eines gehörnten, sonst allerdings vollständig menschengestaltigen Iupiter-Ammon resultierten.

Ob Plinius der Ältere mit der Bezeichnung tatsächlich Ammoniten beschrieb, ist heute umstritten. Wahrscheinlicher ist, dass er die fossile Schneckengattung Natica als Ammonshörner beschrieb.

Der deutsche Paläontologe und Geologe Karl Alfred von Zittel nutzte Plinius' Bezeichnung schließlich 1884 in seinem Buch "Handbuch der Paläontologie" um die Kopffüßerklasse erstmals zu benennen.

Lebensweise

Ammoniten lebten ausschließlich in marinen Umfeldern, in fluviatilen oder limnischen Sedimenten sind bislang noch keine Ammoniten gefunden worden. Dass sie in Sedimenten wie dem Posidonienschiefer, die auf meeresbodennahe Anoxia (=Sauerstoff-entsättigte Wasserzonen, in denen wasseratmende Organismen, z. B. Fische und Wirbellose nicht überleben können) hinweisen, auftreten, lässt darauf schließen, dass Ammoniten nektonisch (=schwimmend) in der Wassersäule lebten und kein bodengebundenes (=benthisches) Dasein führten.

Alle Ammoniten ernährten sich carnivor (=fleischfressend) von Zooplankton, z. B. Krebs- oder Schneckenlarven. Die Ähnlichkeit des Aptychus (Schnabels) einiger Goniatitida und Ceratitida verglichen mit dem des Nautilus, einem rezenten Aasfresser, lässt in manchen Arten auch eine nekrophage Ernährung vermuten.

Körperbau

Ammoniten besaßen zu Lebzeiten einen Weichkörper, der in seiner Form vermutlich heutigen Tintenfischen (Coleoidea) oder Nautilus, dem einzigen rezenten Nautiloideen, ähnelte. Während Tintenfische acht oder zehn Arme ausbilden, ggf. mit zwei verlängerten Fangarmen, kann ein Nautilus bis zu 90 kurze, formgleiche Tentakel ausbilden. Aus diesem familiären Kontext ist davon auszugehen, dass auch Ammoniten Tentakel ausbildeten, Anzahl und Form dieser Tentakel ist jedoch nicht bekannt. Die Tentakel dienten vermutlich zum Ergreifen der Beute, sowie für die Bewegungssteuerung des Ammoniten. Die Fortbewegung erfolgte vermutlich ähnlich modernen Tintenfischen durch den Ausstoß von Wasser aus einer Mantelhöhle, wobei der Rückstoß den Ammoniten mit dem hinteren Ende voran beschleunigte.

Wie Nautilus bildeten Ammoniten eine spiralförmig gewundene Schale aus Aragonit (hochreines Kalziumkarbonat) aus. Diese wurde am hinteren Körperende synthetisiert und diente sowohl der Tarierung in der Wassersäule, als auch als Rückzugsort für den Weichkörper. Die Schale teilt sich in die Wohnkammer, die vom Weichkörper des Ammoniten ausgefüllt wird, und den größtenteils hohlen Phragmokon (griech.: Membrankegel). Der Phragmokon ist gekammert, sog. Septen fungieren als Trennwände zwischen einzelnen Phragmokon-Kammern. Diese Phragmokon-Kammern waren zu Lebzeiten mit Süßwasser aus dem Stoffwechsel des Ammoniten gefüllt und halfen bei der Tarierung, dem Aufsteigen und Absinken unter Wasser. Durch einen schmalen Hautschlauch, Sipho genannt, der ausgehend vom Weichkörper des Ammoniten durch die Septen bis ins Zentrum des Phragmokons reichte, konnte der Ammonit Wasser in diese Kammern pumpen und so einen Überdruck erzeugen. Dadurch wurde er dichter als das umgebende Wasser und sank ab. Tat er das nicht, so führte ein osmotischer Druck dazu, dass das Süßwasser aus den Kammern zurück in den Blutkreislauf des Siphos gezogen wurde. Die Kammern leerten sich, es entstand ein Unterdruck und der Ammonit stieg in der Wassersäule auf.

Unterschiede zu den Coleoidea

Von modernen Tintenfischen unterscheiden sich die Ammoniten durch die Ausbildung einer außenliegenden Schale (=Ektocochlia; griech.: "äußere Schnecke") um ihren Weichkörper herum. Tintenfische besitzen wenn überhaupt eine Endocochlia (griech.: "innere Schnecke"), ein hohle Hartteilstruktur im Inneren ihres Weichkörpers.

Unterschiede zu den Nautiloidea

Der Sipho von Nautiloiden liegt im Zentrum ihrer Schale und durchdringt alle Septen mittig. Ammoniten hingegen führen ihren Sipho peripher am äußeren Rand der Schale entlang. Während in Nautiloidea die Septen meist nur eine konkave Wölbung nach innen aufweisen, sind die Septen von Ammoniten verfaltet, besonders im Randbereich. Das erhöhte die Stabilität des Phragmokons und erlaubte höhere Über- und Unterdrücke, was Ammoniten eventuell ein schnelleres Auf- und Absteigen ermöglichte und ihnen Zugang zu größeren Tiefen gewährte.

Unterscheidung von Goniatitida, Ceratitida und Ammonitida

Baculites cf. compressus, ein heteromorpher Ammonit mit typisch ammonitidischer Lobenlinie (weiß). Urheber: Leonard von Ehr
Abbildung einer typisch goniatidischen, ceratitidischen und ammonitidischen Lobenlinie. Externlobus (E), Laterallobus (L), Umbilikalloben (U1-U3) und Internlobus (I) in Gold markiert. Urheber: Leonard von Ehr

Um die drei Untertaxa der Ammonoidea voneinander unterscheiden zu können, muss man die sog. Lobenlinie eines Ammoniten betrachten. Wo eine Septe mit der Innenwand des Phragmokons verschmilzt, zeichnet sich auf der äußeren Schale eine kleine Vertiefung ab, die die gewellte, bzw. verfaltete Form des Septenrands nachzeichnet.

Bei allen Ammonoidea hat die Lobenlinie ein bilateral-symmetrisches, mäandrierendes Muster, wobei Auswölbungen der Lobenlinie, die von der Öffnung der Wohnkammer wegzeigen als Loben und solche die zur Öffnung hindeuten als Sättel bezeichnet werden.

Goniatitida finden sich ausschließlich in spätpaläozoischen Meeressedimenten, da das Untertaxon während dem Permzeitalter ausstarb. In Goniatitiden sind sowohl die Loben, als auch die Sättel der Lobenlinie unverfaltet.

Ceratitida traten erstmals im späten Perm auf und starben während der Trias wieder aus. Sie sind besonders in der germanischen Trias häufig anzutreffen. Die Lobenlinie von Ceratiten verfügt über unverfaltete Sättel, die Loben hingegen sind von kleinen Verfaltungen der Septe geschmückt. Diese vergrößerte Kontaktfläche zwischen Septe und Phragmokon verstärkte insbesondere die Zugfestigkeit der Kammerwände erheblich und erlaubte ein noch rascheres Auf- und Abtauchen.

Ammonitida treten ab dem Jura erstmals auf und sterben erst im Rahmen der Kreide-Paläogen-Krise am Ende der Kreidezeit aus. Sie erreichen insbesondere mit den heteromorphen Ammonoideen eine enorme Formenvielfalt. Die Lobenlinie von Ammonitida zeichnet sich sowohl durch verfaltete Sättel, als auch verfaltete Loben aus. Häufig besitzen Ammonitiden jedoch eine stark gerippte Außenskulptur, die die Lobenlinie teilweise schwer erkennbar macht. Diese Rippen sind eine Anpassung für mehr Stabilität, vermutlich um noch tiefer tauchen zu können oder bestimmten Fressfeinden widerstehen zu können.

Verschiedene Gehäuseformen

Aus dem Verhältnis von Windungshöhe, -breite, Nabelweite (Abstand von der Innenseite der äußersten Windung zur gegenüberliegenden Innenseite des äußersten Wirbels) und der Gesamtform der Schale wurde eine Reihe an Begriffen geprägt, die die Form eines Ammonoideen in einem Wort festhalten soll.

In evoluten Ammoniten verändert sich die Höhe einer Windung im Vergleich zur vorigen Windung nicht stark. Die Nabelweite ist erheblich größer als die Höhe der äußersten Windung.

Convolute Ammoniten zeichnen sich dadurch aus, dass ihre äußerste Windung höher ist als die Nabelweite. Bei ihnen macht die äußerste Windung einen Großteil der sichtbaren Schale aus, wobei frühere Windungen im Zentrum des Phragmokons noch erkennbar sind.

Das ist in einem involuten Ammoniten nicht mehr der Fall. Involute Ammoniten bilden ihre Schale so aus, dass jede weitere Windung die darunterliegende vollständig verdeckt. Entsprechend ist bei ihnen nur die äußerste Windung sichtbar, eine Nabelweite ist nicht messbar. Der moderne Nautilus ist ein Beispiel für einen involuten Nautiloideen.

Ein vollständig lineares, nicht gekrümmtes Gehäuse, wie es bei Nautiloideen häufiger ist, wird als orthokon bezeichnet.

Ein schwach gekrümmtes Gehäuse wird als cyrtokon bezeichnet.

Krümmt sich ein Gehäuse so stark, dass sich eine vollständige Windung ergibt, ist von einer gyrokonen Gehäuseform die Rede. Die Spitze eines gyrokonen Gehäuses darf die äußere Windung berühren, muss dies aber nicht zwangsläufig.

Bei tortikonen Ammoniten liegen die Windungen nicht alle in derselben Ebene. Stattdessen liegen die Windungen in einer spiralförmigen Turmform aufeinander auf, die mit der Spitze der Schale gipfelt. Die Form erinnert an die einer Turmschnecke.

Eine große Vielfalt jurassischer und kreidezeitlicher Ammoniten weisen mehrere dieser Gehäuseformen gleichzeitig auf. Die Gattung Macroscaphites zum Beispiel beginnt mit einer evoluten Schalenwindung, wechselt dann jedoch zu einer orthokonen Schalenform, auf die eine abrupte 180°-Wende und weiteres, orthokones Wachstum folgt. Diese verschiedenförmigen Ammoniten werden als heteromorphe Ammoniten bezeichnet. Die heteromorphen Formen treten meist in Folge von Meerestransgressionen auf, bei denen Küstenbereiche überflutet und große Mengen an Nährstoffe ins Meerwasser eingebracht werden.

Bedeutung als Leitfossilien

Besonders im Jura und der Kreidezeit sind Ammoniten bedeutende Leitfossilien. Ein Leitfossil ist eine Gattung oder Art, die für einen kurzen Zeitraum der Erdgeschichte enorm häufig und möglichst weltweit verbreitet war, aber schon kurz nach ihrem Auftauchen wieder ausstarb oder auf eine nicht länger relevante Individuenzahl zusammenschrumpfte. Gattungen wie z. B. Dactylioceras waren in abgegrenzten Zeiträumen so zahlreich und so weitläufig verbreitet, dass Gesteinsschichten, in denen sie angetroffen werden ohne Isotopenanalyse auf das Jahrmillion genau geschätzt werden können.

Ein Beispiel für ein bedeutendes Indexfossil unter den Ammoniten ist Psiloceras spelae tirolicum, das die Obergrenze des Juras und die Untergrenze der Kreidezeit markiert.

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Dieser Artikel wurde geschrieben und gegengelesen von:
Leonard von Ehr
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