Ausbreitung von Licht in einem Kristall (Indikatrix)
Die Indikatrix ermöglicht es, die Ausbreitung von Licht innerhalb eines Kristalls mittels der geometrischen Form eines 3D-Ellipsoids darzustellen. Die Beschreibung der Eigenschaften der Indikatrix, wie z.B. des optischen Charakters, ist ein essentieller Bestandteil der Mineralbestimmung im Dünnschliff.
Die Indikatrix
In anisotropen Materialien wird eintreffendes, linear polarisiertes Licht in zwei senkrecht aufeinander stehende Lichtstrahlen aufgespalten, welche den Kristall in unterschiedlicher Geschwindigkeit durchlaufen. Die Ausrichtung dieser beiden Strahlen und ihre Brechungsindizes hängen von der Orientierung und Schnittlage des Kristalls im Dünnschliff ab. Durch die Überlagerung der beiden Strahlen nach Austritt aus dem Kristall, erscheint das Mineral dann je nach Schnittlage in einer bestimmten Interferenzfarbe.
Die Indikatrix ermöglicht es, die Orientierung und Größenverhältnisse der wirksamen Brechungsindizes, also die Ausbreitung von Licht innerhalb eines Kristalls, mittels der geometrischen Form eines Ellipsoids darzustellen. Die Ausbreitungsrichtung und Brechungsindizes einer Schnittlage werden hierbei durch eine Schnittellipse repräsentiert, deren Halbachsen durch die wirksamen Brechungsindizes gegeben sind. Die Gesamtheit aller möglichen Schnittlagen, also aller möglichen Schnittellipsen ergibt zusammen ein 3D-Ellipsoid, die Indikatrix. Die tatsächliche Form der Indikatrix bzw. geometrische Besonderheiten des 3D-Ellipsoids hängen von den Materialeigenschaften eines Kristalls, wie etwa der Symmetrie und der chemischen Zusammensetzung, ab. Die Analyse der Eigenschaften der Indikatrix, wie etwa des optischen Charakters, der Anzahl der optischen Achsen und ggf. der Größe des 2V-Winkels, in Abhängigkeit von der Schnittlage, liefert wichtige Informationen für die Bestimmung von Mineralen im Dünnschliff.
Indikatrix bei isotropen Materialien
Bei isotropen Materialien erfolgt keine Aufspaltung von eintreffendem Licht. Das Licht breitet sich in sämtliche Raumrichtungen gleich schnell aus. Unabhängig von der Schnittlage ist die Schnittellipse somit immer ein Kreis – die Indikatrix hat also die Form einer Kugel. Isotrope Substanzen, wie Gläser, Flüssigkeiten und kubische Minerale erscheinen aufgrund dessen bei gekreuzten Polarisatoren stets schwarz. Ein Konoskopbild zu untersuchen ist daher nicht möglich bzw. sinnvoll – es wäre einfach nur schwarz.
Indikatrix bei einachsigen Materialien
Zur Gruppe der optisch einachsigen Minerale werden alle Minerale mit einem tetragonalen, trigonalen oder hexagonalen Kristallsystem gezählt. Sie werden auch als wirtelige Minerale bezeichnet. Aufgrund ihrer Symmetrieeigenschaften werde diese Minerale durch ein Rotationsellipsoid dargestellt.
Sämtliche Schnitte eines Rotationsellipsoids (stets durch den Mittelpunkt des Ellipsoids!) sind Ellipsen, deren Halbachsen den wirksamen Brechungsindizes der jeweiligen Schnittlage entsprechen, wobei einer davon stets no ist. Der andere Brechungsindex wird mit ne' bezeichnet. Ein Rotationsellipsoid besitzt genau einen Kreisschnitt. Das Lot auf diesem Kreisschnitt, welches die Rotationsachse dieser geometrischen Form ist, wird als optische Achse (ne) bezeichnet.
Beachte: | |
Die optische Achse fällt bei einem einachsigen Mineral stets mit der kristallographischen c-Achse des Minerals zusammen! |
Wenn ein einachsiger Kristall senkrecht zur optischen Achse, also zur c-Achse bzw. ne geschnitten wird, dann ist die Schnittellipse ein Kreis. Es findet also keine Aufspaltung statt und der Strahl erfährt nur den Brechungsindex no. Wird ein einachsiger Kristall jedoch parallel zur optischen Achse geschnitten, liefert dies die Schnittellipse mit dem größtmöglichen Brechungsindex ne als eine der Halbachsen (die andere ist weiterhin durch no gegeben). In diesem Anschnitt der Indikatrix zeigt ein Mineral deshalb seine maximale Interferenzfarbe!
Das Größenverhältnis der beiden Halbachsen der Indikatrix wird durch den sogenannten optischen Charakter beschrieben. Ist die Indikatrix entlang ihrer Rotationsachse gestreckt, sodass ne > no, so spricht man von einem optisch positiven Charakter. In der Geometrie wird dies auch als prolate Form bezeichnet. Ist das Rotationsellipsoid hingegen entlang dieser Achse abgeplattet, sodass ne < no, so ist der optische Charakter negativ. Diese Form heißt auch oblat. Der optische Charakter eines Minerals kann bei konoskopischer Betrachtung durch Einfügen des Hilfsobjekt Rot I bestimmt werden.
Indikatrix bei zweiachsigen Materialien
Zur Gruppe der optisch zweiachsigen Minerale werden alle Minerale mit einem orthorhombischen, monoklinen oder triklinen Kristallsystem gezählt. Sie werden durch ein dreiachsiges Ellipsoid mit drei senkrecht zueinanderstehenden Hauptachsen dargestellt. Von diesen drei Hauptachsen wird die größte stets mit nz, die mittlere mit ny und die kleinste mit nx bezeichnet. Die Schnitte durch den Mittelpunkt des Ellipsoids sind Ellipsen, deren Halbachsen durch nz' und nx', den in der Schnittlage wirkenden Brechungsindizes, gegeben sind.
Die Symmetrie des Ellipsoids ist .
Es gibt zwei Schnittlagen, bei denen die Schnittellipse ein Kreis ist. Der Radius des Kreises, d.h. der wirksame Brechungsindex, ist hierbei immer ny. Die Lote dieser Kreisschnitte repräsentieren die beiden optischen Achsen.
Zwischen den beiden optischen Achsen liegt der sogenannte 2V-Winkel. Die Winkelhalbierende des spitzen 2V-Winkels nennt man spitze Bisektrix, die des stumpfen 2V-Winkels stumpfe Bisektrix. Fällt der Brechungsindex nz mit der spitzen Bisektrix zusammen, ist die Indikatrix optisch positiv. Wenn nx hingegen mit der spitzen Bisektrix zusammenfällt, ist die Indikatrix optisch negativ. Die Bestimmung des optischen Charakters erfolgt bei konoskopischer Betrachtung durch Einfügen des Hilfsobjekt Rot I.
Zusammenhang kristallographischer Achsen und Achsen der Indikatrix
Wie aus den obigen Abschnitten bereits deutlich wird, fallen die Achsen der Indikatrix in Abhängigkeit vom jeweiligen Kristallsystem ggf. mit einer oder allen kristallographischen Achsen eines Minerals zusammen. Dieser Zusammenhang ist im Folgenden nochmals zusammengefasst:
Kristallsystem | Zusammenhang kristallographischer Achsen und Achsen der Indikatrix |
---|---|
kubisch | in kubischen Kristallen ist die Indikatrix eine Kugel, sodass nicht zwischen verschiedenen Schnittlagen unterschieden werden kann |
tetragonal, trigonal und hexagonal | die Rotationsachse des Ellipsoids entspricht stets der kristallographischen c-Achse |
orthorhombisch | die drei Achsen der Indikatrix nx, ny und nz liegen jeweils parallel zu den kristallographischen Achsen a, b und c; die Zuordnung, also z.B. nx = a, ny = … ist hierbei jedoch von Mineral zu Mineral unterschiedlich, so ist z.B. bei Olivin nx = b und bei Andalusit jedoch nx = c. |
monoklin | eine der drei Achsen der Indikatrix nx, ny oder nz ist parallel zur kristallographischen b-Achse orientiert |
triklin | in triklinen Kristallen hat die Indikatrix alle Freiheitsgrade, d.h. sie lieg "einfach irgendwie drin" bezüglich der kristallographischen Achsen |
Die direkte Bestimmung des zugehörigen Kristallsystems ist bei sowohl bei optisch zweiachsigen als auch optisch einachsigen Mineralen nur mit entsprechender Literatur (z.B. Tröger oder Deer Howie Zussman) möglich. Bei konoskopischer Betrachtung lässt sich anhand des Interferenzbildes lediglich die Anzahl optischer Achsen, sowie der optische Charakter und ggf. 2V-Winkel bestimmen. Zur Identifikation des betrachteten Minerals müssen die Informationen über die Eigenschaften der Indikatrix mit weiteren Beobachtungen bei orthoskopischer Betrachtung kombiniert werden. Eine Anleitung zur Bestimmung der Eigenschaften der Indikatrix sowie eine detaillierte Übersicht zur Beschreibung von Mineralen im Dünnschliff gibt es ebenfalls im GEOWiki@LMU Tutorium Polarisationsmikroskopie.
Bezeichnung der verschiedenen Achsen in der Literatur
Nachschlagewerk | Tröger | Deer Howie Zussman |
---|---|---|
Kristallachsen | a b c | x y z |
Indikatrixachsen | X < Y < Z | α < β < γ |
Achsenwinkel | 2Vz bzw. 2Vx | 2Vγ bzw. 2Vα |
Literatur
Tröger, W.E. (1982): Tabellen zur optischen Bestimmung der gesteinsbildenden Minerale. Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart
Deer, W.A., Howie, R.A., Zussman, J. (1966): An introduction to the rock-forming minerals. Longmans, London
Raith, M.M., Raase, P., Reinhardt, J. (2011): Leitfaden zur Dünnschliffmikroskopie
Autor:innen
- Dieser Artikel wurde geschrieben und gegengelesen von:
- Carina Poetsch, Lina Seybold
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