Interferenzfarbe
Jedes anisotrope Mineral erscheint bei der Beobachtung unter gekreuzten Polarisatoren in charakteristischen Interferenzfarben. Entscheidend zur Bestimmung der Doppelbrechung eines Minerals mit dem Analysator ist die höchste Interferenzfarbe.
Da in isotropen Mineralen keine Aufspaltung des Lichts in zwei Wellenpakete erfolgt, bleibt das Mineral bei Beobachtung mit dem Analysator stets schwarz.
Zur Bestimmung der Indikatrix eines anisotropen Minerals mittels Konoskopie werden Körner/Schnittlagen mit möglichst geringer Interferenzfarbe (d.h. normalerweise grau bis dunkelgrau 1. Ordnung) benötigt.
Wie kommt es zur Interferenzfarbe?
Beim Gang des polarisierten Lichts durch ein anisotropes Mineral wird das Licht in zwei Lichtwellenpakete gebrochen, die sich aufgrund der richtungsabhängigen Lichtbrechung in diesen Mineralen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten ausbreiten.
Nach Verlassen des Minerals ist die Geschwindigkeit der aufgespalteten Wellenpakete wieder gleich, jedoch schwingen die Lichtwellen nicht mehr synchron, sondern phasenversetzt und senkrecht aufeinander. Diesen Versatz nennt man Gangunterschied.
Wie groß der Gangunterschied ist, hängt davon ab, wie groß der Unterschied der Lichtbrechung ist. Die Differenz der Brechzahlen nennt man Doppelbrechung Δn.
Der Gangunterschied (Γ) ist außerdem von der Dicke (D) des Schliffs abhängig.
Die Größe des Gangunterschieds entscheidet über die Interferenzfarbe: Er ist ein Maß dafür, zu welchen Anteilen die einzelnen Wellenlängen (Farbanteile) der oben beschriebenen Wellenpakete verstärkt, abgeschwächt oder ausgelöscht werden. Je nachdem, welche Wellenlänge dominiert, erscheint eine charakteristische Interferenzfarbe.
☕ Abbildung zum Gangunterschied
Zur Bestimmung der Doppelbrechung nach der Interferenzfarbe dient die Michel-Levy Tafel. Hier sind die maximalen Interferenzfarben vieler Minerale aufgetragen. Auf der y-Achse ist die Schliffdicke, entlang der x-Achse ist der Gangunterschied abgetragen. Die maximale Doppelbrechung ist entlang diagonaler Linien vermerkt. Im Fadenkreuz aus Schliffdicke und beobachteter Farbe folgt man also der diagonalen Linie und liest die Doppelbrechung ab. Einige Mineralvertreter (nicht alle und auch nicht unbedingt die häufigsten) der jeweiligen Doppelbrechung sind am oberen Rand der Farbtafel vermerkt (Vorsicht: hier sind manchmal beliebige Zusammensetzungen von Mischkristallen vermerkt, Beispiel Biotit kann je nach Zusammensetzung sehr unterschiedliche Doppelbrechung haben und ist als Mischzusammensetzung nur an einer Stelle eingetragen)
Tipp: | |
Die meisten Schliffe sind 25 µm dick. Unter bestimmten Umständen, z.B. wenn der Schliff für Mikrosondenanalysen verwendet wird, haben die Schliffe ca. 30 µm. Die Interferenzfarben sind dann durchwegs etwas höher, Quarz z.B. ist in diesem Fall leicht gelblich. |
Benennung der Interferenzfarbe
Die Höhe der Interferenzfarben wird in Ordnungen unterteilt, die jeweils durch einen pink-rötlichen Farbton voneinander getrennt werden, der mit Rot 1. Ordnung, Rot 2. Ordnung, usw. benannt wird. Mit dem Auge unterscheidbar sind Farbtöne 1. Ordnung bis ca. 5. Ordnung, wobei die Farbunterscheidung mit zunehmender Doppelbrechung schwieriger wird. Die Doppelbrechung von Kalzit liegt im Bereich der 8. Ordnung. Bei diesen hohen Interferenzfarben spricht man vom Weiß höherer Ordnung. Diese Farben können leicht mit dem Weiß 1. Ordnung verwechselt werden.
Tipp: | |
Ein Trick zur Bestimmung der Interferenzfarbe: Betrachte Kornränder. Hier sind die Minerale oft ausgedünnt und man kann die Abnahme der Interferenzfarben in Richtung des Kornrands sehen. Einfaches Zählen der Farbabstufungen in Abgleich mit der Michel-Levy Tafel verrät die gesuchte Interferenzfarbe in der Mitte des Korns. |
Eine weitere Möglichkeit, die Interferenzfarbe zu bestimmen ist der Einsatz des Kompensatorplättchens.
Abhängigkeit der Interferenzfarbe von der Schnittlage
In Kristallschnitten ist die Doppelbrechung, senkrecht zu einer der optischen Achsen, Null. Schnittlagen parallel zu einer optischen Achse zeigen maximale Doppelbrechung. So können die Interferenzfarben bei jedem anisotropen Mineral von einem Grau der 1. Ordnung bis zur maximalen Interferenzfarbe variieren. Es ist also die Betrachtung mehrerer Mineralkörner zur Bestimmung der Doppelbrechung anhand der Interferenzfarbe notwendig.
Beim Drehen des Mikroskoptisches beobachten wir bei anisotropen Mineralen, dass sie im Abstand von 45° abwechselnd maximale Interferenzfarben oder vollständige Auslöschung zeigen. In Diagonalstellung erscheinen die intensivsten Farben, da in dieser Stellung maximale konstruktive Interferenz auftritt.
Dreht man den Mikroskoptisch aus der Diagonalstellung, nimmt die Intensität der Farbe ab. Es wird jeweils nur der parallel zum Analysator schwingende Anteil des Vektors, der die Schwingungsrichtung der Lichtwellen beschreibt, durchgelassen. Es werden vom Analysator nur die jeweils parallel zu ihm schwingenden Vektoranteile durchgelassen. Je nach Orientierung der Vektorkomponenten gibt es unterschiedlich starke konstruktive Interferenz.
In einem Winkel von 45° zur Diagonalstellung löscht das Mineral völlig aus. Man spricht auch von Normalstellung oder Auslöschstellung. In dieser Lage ist die Schwingungsrichtung des Lichts parallel zum Polarisator in E-W Ausrichtung und es kommt nicht zur Aufspaltung in zwei Wellenpakete. Somit werden alle Anteile des Lichts vom Analysator aufgehalten und das Mineral erscheint dunkel.
☕ Abbildung zur Schwingungsrichtung, Vektoraufspaltung
Die Lage der Schwingungsrichtung zu identifizieren ist eine Voraussetzung zur Bestimmung des optischen Charakters der Auslöschungsschiefe. Dies geschieht unter Einsatz des Rot I Plättchens.
So kann man z.B. die kristallographische Vorzugsrichtung in einem Gestein ausfindig machen (z.B. metamorphe Gesteine).
Nicht immer erfolgt die Auslöschung symmetrisch zur Kornform bzw. Spaltbarkeit! Diese schiefe Auslöschung ist ein Merkmal, da z.B. zur Unterscheidung der Amphibole und Pyroxene untereinander herangezogen wird. Die Bestimmung des Auslöschwinkels ist ebenfalls im GeoWiki erklärt.
Mineralbeispiele
Hier einige Beispiele für Minerale mit geringer Doppelbrechung:
Beispiel: | |
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Hier einige Beispiele für Minerale mit hoher Doppelbrechung (Weiß höherer Ordnung)
Beispiel: | |
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Bei einigen Mischkristallreihen kann die Interferenzfarbe einen Hinweis auf den Mineralchemismus geben. Olivin zeigt beispielsweise eine zunehmende Doppelbrechung mit steigendem Eisengehalt, allerdings ist hier das Konoskopbild eventuell aussagekräftiger.
Orthopyroxene haben tendenziell geringere Interferenzfarben als Klinopyroxene. Einige Minerale zeigen Farben, die nicht auf der Michel-Levy Tafel abgebildet sind und als anomale Interferenzfarben bezeichnet werden. Minerale mit anomaler Interferenzfarbe sind beispielsweise Epidot und Chlorit.
Links
Birefringence - App mit Michel-Levy-Tafel und Mineralvorschlägen: z.B. auf https://apps.apple.com/us/app/birefringence/id1354688131
Literatur
- Raith, M.M., Raase, P., Reinhardt, J. (2011): Leitfaden zur Dünnschliffmikroskopie
- Stosch, H.-G. (2009): Skript zur Kristalloptik II – Mineralmikroskopie
Autor:innen
- Dieser Artikel wurde geschrieben und gegengelesen von:
- Paula Dörfler
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