Themenfindung und Forschungsfrage

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Am Anfang einer jeden wissenschaftlichen Arbeit (z.B. Bachelor-Arbeit) die Themenfindung und damit die Forschungsfrage. Die Arbeit hat das Ziel, eine Antwort auf diese Frage zu geben. Sie stellt dabei sowohl Grundlage als auch Ausgangspunkt für die Forschungsarbeit dar und bildet einen roten Faden. Das bedeutet, dass die Fragestellung am Anfang erläutert, im Laufe der Arbeit erforscht und am Ende beantwortet wird. Während des Forschungsprozesses kann deine Forschungsfrage auch angepasst und verfeinert werden.
Der wesentliche Aspekt der Forschungsfrage lautet: „Was will ich mit meiner wissenschaftlichen Arbeit beantworten?“. Sie wird im Laufe des Verfassens weiter ausformuliert, verfeinert und gegebenenfalls angepasst.


Grundsätzliche Anforderungen an eine Forschungsfrage

Die Forschungsfrage sollte immer wissenschaftlich relevant sein. Dafür sollte sie folgende grundsätzlichen Anforderungen erfüllen:

  • Die Forschungsfrage sollte dem aktuellen Forschungsstand entsprechen.
  • Durch die Beantwortung der Forschungsfrage sollte neues Wissen kreiert werden.
  • Die Forschungsfrage sollte (mit den verfügbaren Mitteln) beantwortet werden können.

Dass die Forschungsfrage dem Forschungsstand entsprechen sollte, heißt, dass sie auf dem Forschungsstand früherer Arbeiten aufbaut. Das bedeutet, dass als Vorarbeit zur Findung der Forschungsfrage immer eine ausführliche Literaturrecherche steht. Es gilt herauszufinden, welche Aspekte noch nicht untersucht wurden und deshalb interessant sind, oder ob es erst notwendig ist die Grundlagen über das Gebiet zu erforschen bevor dort eine spezialisierte Arbeit durchgeführt werden kann. Wichtig ist dabei, dass die Beantwortung der Forschungsfrage neue Erkenntnisse generiert.

Folgende Fragen solltest du dir stellen:

  • Welche Forschungsarbeiten gibt es bereits zu dem Thema?
  • Werden durch meine Forschungsfrage Aspekte eines Themas beleuchtet, zu denen es bis jetzt keine (erschöpfenden) Antworten gibt?

Die Forschungsfrage sollte außerdem objektiv und eindeutig beantwortbar sein. Dafür muss sie falsifizierbar sein.

Beispiel:

Es wäre keine gute Grundlage erforschen zu wollen, welches die schönste Quarz-Varietät ist, da Schönheit eine subjektive Empfindung ist und mit keinerlei Mitteln gemessen und wissenschaftlich beantwortet werden kann.
Eine objektiv beantwortbare Frage wäre dagegen, worauf die farblichen Unterschiede der Quarz-Varietäten beruhen. Dies lässt sich zum Beispiel über analytische Methoden nachweisen.
Du solltest dir diese Fragen stellen: „Ist die Fragestellung generell beantwortbar?
Kann ich die Frage mit den mir zur Verfügung stehenden Methoden und Mitteln beantworten?“


Zu den Methoden und Mitteln zählen vor allem der Faktor Zeit und Finanzierung.

Grundtypen von Forschungsfragen

Generell gibt es verschiedene Grundtypen von wissenschaftlichen Forschungsfragen.

Beschreibend: Was ist der Fall? Wie sieht die Realität aus?

Beispiel:

Welche Schichtfolge ist im Profil in der Scheibum aufgeschlossen und welche Strukturen sind zu erkennen?
Welche Arten von vulkanischen Ablagerungen finden sich im Gebiet der Osteifel?


Erklärend und/oder interpretierend: Warum ist etwas der Fall?

Beispiel:

Unter welchen Bedingungen wurde die Schichtfolge in der Scheibum abgelagert und wie sind die Strukturen entstanden? Unter welchen Umständen entstanden die vulkanischen Ablagerungen in der Eifel? Welche sind dem Laacher See Ausbruch zuzuordnen?


Prognose: Wie wird etwas zukünftig aussehen?

Beispiel:

Wird es in den nächsten Jahren in der Eifel einen Vulkanausbruch geben?


Methodisch: Welche Maßnahmen sind geeignet, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen?

Beispiel:

Welche Datierungsmethoden sind geeignet um die glaziale Serie zu datieren?


Kritik/Bewertung: Wie ist ein Zustand hinsichtlich bestimmter Kriterien zu bewerten?

Beispiel:

Vergleichende Bewertung des Naturgefahren-Risikos für die Stadt Köln - Erdbeben, Hochwasser und Stürme.


Tipps zur Themenfindung und Definieren der Forschungsfrage

Die Forschungsfrage formuliert das Ziel der Arbeit in einer einzigen Frage. Dadurch ist es leichter, Ziel und Zweck der Forschung zu definieren. Das richtige Formulieren einer guten Forschungsfrage kann im Laufe der Arbeit Zeit und Energie sparen, weil effektiver auf die Beantwortung der Frage hingearbeitet werden kann.

Herangehensweisen zur Entwicklung einer wissenschaftlichen Fragestellung:

  • Brainstorming: Stichpunktartig wird aufgeschrieben, welche Informationen du bereits zum Thema gesammelt hast. Es werden alle möglichen Fragen, die man zu der Thematik stellen könnte, notiert.
  • Fragen ordnen und kategorisieren: Können Fragen in Kategorien eingeordnet werden? Welchen Fragen innerhalb der Kategorien ist Vorrang zu geben/ höhere Priorität zuzuordnen?

Als Hilfe zum Brainstorming kann man sich an folgende Fragen sowohl vor, als auch während der Anfertigung einer wissenschaftlichen Arbeit orientieren:

  • Welche Relevanz hat das Thema? Was ist das Besondere an meiner Forschung?
  • Sind meine Untersuchungen wirklich neu? Kreieren sie neues Wissen?
  • Was ist zu meinem Thema aus der Forschung bereits bekannt?
  • Was sollen ich und die Leser:innen lernen und verstehen?
  • Welche weiteren Aspekte sollen in meiner Forschungsarbeit angesprochen werden? (z.B. Hintergrundinformationen, Stärken und Schwächen, etc.)
  • Welche Ergebnisse und zugehörige Methoden sollen vorgestellt werden?
  • Was sind Ergebnisse und anschließend Schlussfolgerungen, die Leser:innen aus der Arbeit ziehen sollen?
  • Wurde eine bekannte Hypothese durch meine Arbeit widerlegt?


Tipp:
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Du kannst während deiner Arbeit noch einmal durchgehen, ob diese Fragen berücksichtigt sind und die Forschungsfrage weiter verfeinern und anpassen.


Beispiele zum Formulieren von Forschungsfragen

In der Wissenschaft ist es wichtig an ein Thema möglichst unvoreingenommen und ergebnisoffen heranzugehen. Dafür ist es nicht nur wichtig, was ihr als Forschungsfragen formuliert, sondern auch wie. Ist z.B. die Forschungsfrage bereits tendenziös formuliert, beeinflusst dies auch Dein Denken.
Folgende Kriterien helfen dir eine Forschungsfrage gut zu formulieren:

Gute Fragen Schlechte Fragen
Eindeutig zu beantworten Unwahre Vorannahme, Verwendung unsinniger Konzepte
Durch eigene Erforschung zu beantworten Widerspruch innerhalb der Frage
Unterscheidbarkeit zu früheren Arbeiten deutlich erkennbar „Scheinfrage“ (versteckte Behauptung enthalten)
Möglichst als „W-Frage“ formuliert
(möglichst mit Wörtern wie ‚Was‘, ‚Wie‘, ‚Welcher‘, ‘Warum, etc.)
Vage Formulierung, auf die keine klare Antwort zu geben ist
keine Wertung Beeinflussende Wortwahl / Wertung / Tendenzen


Beispiel:

Beispiele für beeinflussende Wortwahl in der Forschungsfrage sind:
A Warum ist Fracking die beste Methode zur Lösung der Energiekrise?
B Warum stellt Fracking eine unmittelbare Bedrohung für Flora und Fauna dar?


Beispiel:

Beispiele für eine zu vage Formulierung wären beispielsweise:
C Warum gibt es die Alpen?
D Wo gibt es das beste Erdöl?
Wobei bei Beispiel D zu der vagen Formulierung noch eine Wertung mit hinein spielt.


Strategie zur Beantwortung der Forschungsfrage

Nachdem du eine geeignetes Thema gefunden und Deine Forschungsfrage formuliert hast, musst du dir nun eine Strategie überlegen, wie du diese beantworten kannst. Dabei solltest du dich fragen, welche Methode(n) am besten für deine spezielle Frage geeignet sind. In den Geowissenschaften können das sowohl Geländemethoden (z.B. Kartierung oder Messungen im Gelände) oder Methoden der Fernerkundung sein, aber auch Analysemethoden (wie z.B. Mikroskopie oder Messung der Gesamtgesteins- oder Mineralchemie), Experimente oder Modellierungen. Meist wird eine Kombination mehrerer Methoden benötigt um die Forschungsfrage beantworten zu können. Gleichzeitig muss aber auch die Verfügbarkeit von 'zeitlichen und finanziellen Mittel sowie die Zugänglichkeit von Gerätschaften berücksichtigt werden. Mehr Informationen zu Gelände- und Analysemethoden in den Geowissenschaften und was du hierzu beachten musst findest du hier.

Tipp:
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Es empfiehlt sich am anfang der Arbeit einen Zeitplan aufzustellen.



Zeitaufwand

Hat man sich für eine Strategie entschieden und Nachforschungen dazu eingeholt, wird es Zeit, sich ausführlich mit dem zeitlichen Aufwand und der Finanzierung auseinander zu setzen. Sind die finanziellen Mittel gegeben? Wie viel Zeit nehmen die einzelnen Arbeitsschritte in Anspruch und sind diese innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens durchführbar? Die Bearbeitungszeit ist beim Beispiel der Bachelorarbeit in den Geowissenschaften an der LMU auf 16 Wochen beschränkt.
Gerade in den Geowissenschaften sind häufig Geländeaufenthalte, Analytik oder Experimente Teil der Forschungsarbeit. Hierbei solltest du bereits im Vorfeld einige Fragen klären und kalkulieren, wie viel Zeit auch die Vorbereitung auf die Arbeit in Anspruch nehmen wird.
Ist es z.B. jeder Zeit möglich, ins Forschungsgebiet zu fahren? Einschränkungen können zum Beispiel durch klimatische oder politische Bedingungen auftreten. Braucht man eine Genehmigung dafür und wie lange dauert es, diese zu beantragen (Bsp. Visum)? Zum Teil muss man sich Monate im Voraus um diese Dinge kümmern. Mehr Infos zur Vorbereitung eines Geländeaufenthalts findest du hier.
Aber auch bei der Analytik muss einiges beachtet werden. Je nach Analysemethode gibt es spezielle Anforderungen an die Probennahme und die Probenaufbereitung. Egal ob die Analytik intern oder extern durchgeführt wird solltet ihr euch frühzeitig erkundigen und eure geplanten Messungen ankündigen. Je nach Analysemethode und Labor kann die Durchführung der Analytik (inkl. der Wartezeiten) mehrere Wochen bis Monate in Anspruch nehmen. Aber auch wenn ihr die Analysen in einem externen Labor durchführen lasst, müsst ihr die Probenaufbereitung in der Regel selbst durchführen. Auch das nimmt Zeit oft mehrere Tage bis Wochen Zeit in Anspruch. Je nachdem ist auch eine Teilnahme an einem Probenaufbereitungskurs oder einer Sicherheitsbelehrung zur Nutzung der Labore erforderlich die meist nur jährlich oder halbjährlich angeboten werden. Alles was du zur Vorbereitung und Durchführung der Analytik, sowie bei der Probenaufbereitung beachten solltest findest du hier.

Finanzierung

Selbst wenn du als Studierende:r selbst nichts zahlen muss, muss sich dein/e Betreuer:in darum kümmern, dass die Ausgaben für deine Arbeit gedeckt sind. Hierzu gehören sowohl Kosten für Geländeaufenthalte (deren Größenordnung könnt ihr noch am leichtesten selbst einschätzen, aber auch Verbrauchsmaterial für die Laborarbeiten, sowie die Kosten für die Probenaufbereitung und nicht zuletzt für die Analytik. Damit ihr auch ein Gespür dafür bekommt, wie hoch die Kosten für die Analytik ist, haben wir in den Analysemethoden-Steckbriefen auch die Range dafür angegeben.
Finanzielle Unterstützung zu erhalten ist zum Beispiel über diese Quellen möglich:

  • In den meisten Fällen wenden sich Wissenschaftler an verschiedene Organisationen, bei denen ein Antrag eingereicht wird, in dem dargelegt werden muss, was erforscht werden soll. Solche Organisationen sind beispielsweise die BFA (Bayerische Forschungsallianz), DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft), oder bei internationalen/größeren Projekten die ERC (European Research Council). Quoten, dass ein Antrag angenommen wird, liegen bei der DFG schätzungsweise bei 20 bis 25%, bei der ERC nur noch bei <10%. In den häufigsten Fällen dauert die Bearbeitung eines Antrags sechs Monate, oft auch länger, wobei Projektanträge mit geringeren benötigten Fördersummen oftmals schneller Rückmeldung erhalten. Dabei kann eine signifikanter und prägnanter gestellte Forschungsfrage als Überschrift eines Antrags den Prozess beschleunigen und die Chancen deutlich erhöhen, eine Einwilligung zu erhalten. Auch Kooperationen mit Firmen sind eine Möglichkeit ein Projekt zu finanzieren.
  • An unserer Fakultät Möglichkeiten gibt es aber auch für dich als Student:in die Möglichkeit kleinere Forschungsanträge (z.B. „studi_Forscht“) zu stellen. Für mehr Informationen, wende dich ans Studienbüro.


Tipp:
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Bei den Analysemethoden findest du Angaben zum Zeitaufwand und zur Finanzierung.



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Autor:innen

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Dieser Artikel wurde geschrieben und gegengelesen von:
Celine Barteit, Kaja Schultz
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