Zukunftsperspektiven der Desertifikation
Mit Hilfe des Wissens über die anthropogenen Ursachen der Desertifikation, können Prognosen für die Zukunft erstellt werden. Dabei sind Trends in Bevölkerungsentwicklung, Landwirtschaft und klimatische Prognosen mögliche Indikatoren für zukünftige Entwicklung der Desertifikation.
Die grüne Sahara
Die Sahara war vor etwa 5000 Jahren mit üppiger Vegetation bewachsen. Auch in früheren Wärmephasen herrschte ein humides (feuchtes) Klima in der Sahara. Wird sich diese Entwicklung durch den aktuellen Temperaturanstieg im Zuge des Klimawandels wiederholen und werden die Wüsten der Sahara zurückgedrängt?
Zuerst ist zu erwähnen, dass die aktuelle Klimaerwärmung durch einen Anstieg an Treibhausgasen in der Atmosphäre verursacht wird. Frühere Wärmephasen und das damit einhergehende humide Klima in der Sahara sind durch Verschiebungen der Stellung der Erde zur Sonne und damit einer Verschiebung des Monsuns nordwärts verursacht worden. Deshalb ist die Vergleichbarkeit zu früheren Entwicklungen nicht gegeben. Jedoch kann bereits belegt werden, dass sich die Vegetation im südlichen Randgebiet der Sahara, der Sahel-Zone, ausbreitet. Dies ist durch die höheren CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre möglich. Größere Mengen Kohlenstoffdioxid sorgen für eine effektivere Photosynthese bei Pflanzen und wirken so als Dünger.
Die Vegetation kehrt also in trockenere Gebiete zurück und verdrängt die Sahara in den Wüstenrandbereichen. Man kann jedoch nicht davon ausgehen, dass die komplette Sahara bewachsen werden wird. Diese Entwicklung spielt sich ausschließlich im Sahel ab und sorgt für etwas mehr Vegetation.
Indikatoren für zukünftige Desertifikation
Die Indikatoren für die zukünftige Gefährdung durch Desertifikation lassen sich auf die Ursachen der Desertifikation zurückführen. Dabei spielen Bevölkerungsentwicklung, Landwirtschaft aber auch klimatische Bedingungen eine wichtige Rolle.
Trends der Bevölkerungsentwicklung
Bis 2050 sollen weitere 2,4 Milliarden Menschen mehr auf der Erde leben. Von diesem Zuwachs erfolgen 50% in Afrika und weitere 38% in Asien – zwei Kontinente, die sehr gefährdet für Desertifikation sind. Durch den starken Bevölkerungsanstieg wird ein höherer Verbrauch an Lebensmitteln und Wasser erfolgen. Dies belastet Böden, weil größere landwirtschaftliche Flächen und die Entnahme von mehr Wasser nötig werden. Zusätzlich belastet eine zunehmende Urbanisierung (Verstädterung) das Ökosystem durch Versiegelung und Abgase.
Trends der Landwirtschaft
Die räumliche Ausweitung der Landwirtschaft geht Hand in Hand mit dem Bevölkerungsanstieg. Bereits 43,6% der Ackerflächen liegen heutzutage in Trockengebieten. Das sind Gebiete, in denen mehr Wasser verdunstet, als durch Niederschläge (z.B. in Form von Regen) eingetragen wird – es herrscht also ein arides (trockenes) Klima. Desertifikation stellt dort ein übliches Phänomen und eine starke Gefährdung dar. Zukünftig werden für Ackerflächen ein steigender Flächenverbrauch um 18% prognostiziert. Auch eine doppelte Menge an Bewässerung und eine dreifache Menge an Düngung wird zukünftig für die globale Lebensmittelproduktion nötig werden. All diese Eingriffe beeinflussen das Ökosystem negativ und steigern die Gefährdung durch Desertifikation.
Klimatische Veränderungen
Da die Desertifikation definitionsgemäß nur in Trockengebieten stattfinden kann, sind die Entwicklungen in diesen Gebieten entscheidend für die zukünftige Gefährdung durch Desertifikation. Zur Definition von Trockengebieten wird der Ariditätsindex verwendet. Dieser zeigt die Trockenheit bzw. Feuchte von Regionen an. Es zeigt sich, dass der Flächenanteil von Trockengebieten auf der Erde bis 2100 unter Verwendung eines Klimaszenarios, welches von einem weiteren Anstieg an Treibhausgasen ausgeht, um 23% zunehmen werden. Davon liegen 80% der Flächen in Entwicklungsländern, welche bereits mit starkem Bevölkerungswachstum und Armut kämpfen. Im Vergleich der Perioden zwischen 1981-2010 und 2071-2100 werden weite Teile des Westens Nordamerikas, Regionen in Brasilien und entlang der Anden, Regionen um die Mittelmeerküste, Südafrika, weite Teile Zentralasiens, sowie Küstenregionen Australiens und wenige Gebiete im Zentrum Australiens trockener. Dem gegenüber stehen kleine Gebiete in Nord- und Südamerika, große Flächen südlich der Sahara und auf der arabischen Halbinsel, Teile Indiens, kleine Bereiche in Zentralasien und Flächen im Norden Russlands, die einen Wechsel hin zu feuchteren Bedingungen verzeichnen.
Auch kürzere Trockenphasen setzen ein Ökosystem unter Stress. Die Häufigkeit von Dürre-Ereignissen hat sich zwischen 1951 und 2010 vor allem in stark gefährdeten Regionen wie Nordafrika enorm erhöht. Das Fehlen von Wasser nimmt einen großen Einfluss auf die Gefährdung durch Desertifikation. Wie genau dieser Zusammenhang aussieht erfährst du hier.
Zusammenfassend kann man also feststellen, dass die Gefährdung durch Desertifikation global weiter ansteigen wird. Die regionale Verbreitung der Desertifikation ist jedoch von Klimaentwicklungen, dem Wasserangebot und den Eigenschaften von Böden und Vegetation der Region abhängig. Dabei gibt es Regionen wie die Sahel-Zone, die von zukünftigen Entwicklungen voraussichtlich profitieren wird, jedoch auch Regionen in Brasilien oder Europa, die neue Gefährdungen für Desertifikation aufweisen werden.
Gefährdung europäischer Länder
In Europa werden klimatische Prognosen auch für die Bewertung der Gefährdung durch Desertifikation verwendet. Es zeigt sich, dass viele Regionen im Mittelmeerraum von Trockenheit bedroht sind. Dabei sind der Süden Portugals, Teile Spaniens und Süditaliens, der Südosten Griechenlands, Malta, Zypern und Grenzgebiete zum Schwarzen Meer erhöht durch Bodenerosion, Versalzung, Verlust von biologischer Vielfalt und Erdrutschen gefährdet – alles Begleiterscheinungen bzw. Folgen von Desertifikation. Bereits zwischen 2008 und 2017 haben die Regionen mit hohen und sehr hohen Anfälligkeiten für Wüstenbildung um 10,6% auf 177.000 km2 zugenommen. Zusätzlich wird eine erhöhte Gefährdung durch Dürre festgestellt. In Europa wird also in Zukunft auf die Bekämpfung der Wüstenbildung geachtet werden müssen.
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Fallbeispiele
Referenzen
- Cherlet, M., Hutchinson, C., Reynolds, J., Hill, J., Sommer, S., von Maltitz, G. (Hrsg.) (2018): World Atlas of Desertification. Publication Office of the European Union.
- Claußen, M. (2020): Die grüne Sahara. In: Geographische Rundschau, 2020, 11, 34–39.
- Europäische Union (Hrsg.) (2018): Sonderbericht: Bekämpfung der Wüstenbildung in der EU: eine zunehmende Bedrohung, die verstärkte Maßnahmen erfordert. URL: https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/SR18_33/SR_DESERTIFICATION_DE.pdf (aufgerufen am 16.06.2021).
Weitere Informationen und Literatur
- Millennium Ecosystem Assessment (Hrsg.) (2005): Ecosystems and Human Well-being: Desertification Synthesis. World Resources Institute.
- Mirzabaev, A., Wu, J., Evans, J., García-Oliva, F., Hussein, I.A.G., Iqbal, M.H., Kimutai, J., Knowles, T., Meza, F., Nedjraoui, D., Tena, F., Türkeş, M., Vázquez, R.J., Weltz, M. (2019): Desertification. In: IPCC (Hrsg.) (2019): Climate Change and Land: an IPCC special report on climate change, desertification, land degradation, sustainable land management, food security, and greenhouse gas fluxes in terrestrial ecosystems. In press, 249–343.
- Reed, M., Stringer, L. (2016): Land degradation, desertification, and climate change: anticipating, assessing, and adapting to future change. Routledge.
Autor:innen
- Dieser Artikel wurde geschrieben und gegengelesen von:
- Daniel Schmid, Leon Koß, Magdalena Plitz
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