Auflichtmikroskopie

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Auflichtmikroskopie
Methode
Englische Bezeichnung Reflected Light Microscopy, Ore Microscopy
Welche Materialien können gemessen werden? feste Gesteinsproben
Zeitl. Aufwand insgesamt je nach Probe und Zielsetzung (mehrere Minuten, Stunden, Tage, Wochen)
Kosten (f. Dienstleistung) Schliffpräparation (15-80€), abhängig auch von Größe und spezifischen Anforderungen
Aufbereitung
Generell mögliche Aufbereitungsarten? Anschliffpräparation
Aufbereitungsarten (an LMU)? − polierte Anschliffe;
− polierte Dünnschliffe
Erforderliche Probenmenge abhängig von erwünschter Schliffgröße
Zeitl. Aufwand Probenaufbereitung (inkl. Reinigung) je nach Probe und Zielsetzung (mehrere Stunden, Tage)
Messprozedur
Kalibration notwendig Nein
Administrator notwendig Nein
Messung = Dienstleistung Nein
Messung selbständig möglich (nach Einweisung) Ja, nach einer Einführung in die Auflichtmikroskopie
Dauer der Messung pro Probe Je nach Probe und Zielsetzung (mehrere Stunden)
Ausgabeformat eigenhändige Aufzeichungen und Skizzen
Digitalfotos (wenn entsprechende Apparatur vorhanden)

Bei der Auflichtmikroskopie (engl: reflected light microscopy) wird das betrachtete Objekt von oben beleuchtet. In den Geowissenschaften wird die Auflichtmikroskopie häufig mit polarisiertem Licht betrieben, um opake Phasen/Erzminerale petrographisch zu untersuchen. Relevante Parameter für die Bestimmung der Minerale sind: Reflexionsvermögen, Härte, Reflexionsfarbe, Pleochroismus, Anisotropieeffekte, Paragenese und Innenreflexe. Unter Einsatz bestimmter Hilfsmittel können auch magnetische Eigenschaften untersucht werden.

Dieser Artikel bezieht sich nur auf die Auflichtmikroskopie mit polarisiertem Licht, wie sie in der Petrologie und Lagerstättenkunde zur Betrachtung von opaken Phasen/Erzmineralen angewendet wird.

Die Betrachtung von opaken Phasen/Erzen findet auch über die Mineralogie und Lagerstättenkunde hinaus Anwendung. Die Bestimmung der Mineralvergesellschaftung ist so auch für die Erzaufbereitung wichtig. Auch verarbeitete Metalle und Legierungen werden oft mittels Auflichtmikroskopie z.B hinsichtlich ihrer Qualität überprüft. Die Analyse des Inkohlungsgrades durch die Bestimmung der Vitrinitreflexion trägt z.B. dazu bei, diagenetische Prozesse zu rekonstruieren

Grundprinzip

In der Auflichtmikroskopie werden Effekte beobachtet, die auftreten, wenn polarisiertes Licht an der Oberfläche eines Materials reflektiert wird. Es gibt viele Analogien zur Durchlichtmikroskopie, allerdings basieren die Beobachtungen überwiegend auf Unterschieden im Reflexionsvermögen eines Minerals und nicht auf der Lichtbrechung. Opake Phasen und Erzminerale bleiben bei der Betrachtung im Durchlicht dunkel. Weil sie jedoch Licht gut reflektieren, können sie mittels Auflichtmikroskopie genauer beschrieben werden.

Wie bei der Durchlichtmikroskopie gibt es zwei Betrachtungsweisen: mit linear polarisiertem Licht und gekreuzten Polarisatoren.

Welches Material kann untersucht werden?

Die Auflichtmikroskopie eignet sich besonders zur Untersuchung der opaken Phasen/Erzmineralen eines Gesteins oder Erzes. Dazu werden Anschliffe mit einer gut polierten Oberfläche benötigt. Die Größe und das Format der Proben sind nicht vorgegeben. Die Probe muss lediglich unter das Mikroskop passen (Dicke max. ca. 2 cm). Relevant für die Betrachtung der Schliffe ist eine polierte Oberfläche. Sollte der Anschliff auf der Unterseite schräg sein, kann den Anschliff z.B. mit einem Stempel auf ein Stück Knetmasse gedrückt werden, sodass die Oberfläche senkrecht zum Lichtstrahl ausgerichtet wird.

Auch nicht abgedeckte polierte Dünnschliffe, wie sie für die Durchlichtmikroskopie und Elektronenstrahlmikroskope genutzt werden, kann man mittels Auflichtmikroskopie untersuchen. Somit können Proben sowohl im Durchlicht und auch im Auflicht bearbeitet werden.

Welche Information erhält man durch die Auflichtmikroskopie?

Die zur Mineralbestimmung geeigneten Charakteristika sind hier kurz erklärt:


Reflexionsvermögen

Das Reflexionsvermögen (engl: reflectance) beschreibt den Anteil von Licht, der vom Mineral reflektiert wird und zurück ins Auge des Betrachters fällt. Es wird im linear polarisiertem Licht beobachtet. Der Wert des Reflexionsvermögens berechnet sich anhand der Fresnel-Formel und liegt zwischen 0% (keine Reflexion) und 100% (vollständige Reflexion). Vereinfacht kann man das Reflexionsvermögen auch als Verhältnis des reflektierten Lichts zum einfallenden Licht darstellen.

R – Reflexionsvermögen, n – Brechungsindex des beobachteten Minerals, N – Brechungsindex des umgebenden Mediums, k – Absorptionskoeffizient (0 für transparente Materialien), I = Intensität

Das Reflexionsvermögen äußert sich in der Helligkeit oder Graustufe eines Minerals. Weist das beobachtete Mineral zusätzlich eine Reflexionsfarbe auf, kann das den Eindruck des Reflexionsvermögens verändern.

Das menschliche Auge ist mit etwas Übung in der Lage, das Reflexionsvermögen auf eine Genauigkeit von ca. ± 5% abzuschätzen. Das Reflexionsvermögen kann aber auch quantitativ gemessen werden und wird mit unterschiedlicher Wellenlängen in der Literatur (z.B. Criddle, A.J. & Stanley, C.J. 1986) angeben.

Beispiele:

Pyrit: 54%; Galenit: 43%, Sphalerit: 17%, Scheelit: 10%

Schliff im Durchlicht
Schliff im Durchlicht. Photo von Simon Goldmann und Malte Junge.
Gleicher Schliff im Auflicht
Gleicher Schliff im Auflicht. Nun werden die opaken Minerale. Hellgrau: Ilmenit (R = 19%), dunkelgrau: Chromit (R = 13%) und blassgelb: Pyrit (R = 54%), sattgelb: Chalcopyrit (R = 45 %). Photo von Simon Goldmann und Malte Junge.


Reflexionsfarbe

Die Reflexionsfarbe wird bei linear polarisiertem Licht beobachtet und spiegelt, wie bei der Durchlichtmikroskopie die Tendenz eines Materials wider, bestimmte Wellenlängen des sichtbaren Lichts zu absorbieren.

Für einige Minerale ist die Reflexionsfarbe ein stark hervortretendes Merkmal, das die Einschätzung des Reflexionsvermögens erschweren kann. Andere Minerale sind nur sehr leicht gefärbt, sodass der Farbton schwer beschrieben werden kann. Wenn Minerale mit unterschiedlicher Reflexionsfarbe nebeneinander liegen, kann das den Farbeindruck der einzelnen Minerale beeinflussen. So ist die Reflexionsfarbe zwar häufig ein sehr aufschlussreiches Charakteristikum eines Minerals, kann aber andererseits auch bei der Beschreibung anderer Merkmale stören.

Beispiele:

Bläulich: Covellin

Gelblich: Gold, Pyrit, Chalcopyrit

Rötlich – bräunlich: Kupfer, Bornit


Pleochroismus

Wechselt ein Mineral beim Drehen des Mikroskoptisches die Farbe, ist es pleochroitisch. Diese Eigenschaft kann nur bei anisotropen Mineralen mit richtungsabhängiger Absorption auftreten. Ähnlich wie der Lichtbrechung bei der Durchlichtmikroskopie ist das bei der Auflichtmikroskopie beobachtete Reflexionsvermögen von der Orientierung des Kristalls abhängig. Beim Drehen verändert man die Orientierung und damit das wirksame Reflexionsvermögen des Minerals.

Der Pleochroismus tritt, im Gegensatz zur Polarisationsmikroskopie mit Durchlicht, oft nur sehr schwach hervor. Seine Erkennung erfordert viel Übung.

Beispiele:

Graphit: bräunlich grau – dunkelgrau

Molybdänit: weißgrau – weiß


Anisotropie bei gekreuzten Polarisatoren (+N)

Die Betrachtung bei gekreuzten Polarisatoren hilft bei der Unterscheidung zwischen isotropen und anisotropen Mineralen. Bei isotropen Mineralen gibt es beim Drehen des Tisches keine Veränderung. In anisotropen Kristallen wechselt das Bild zwischen Auslöschungsstellung (parallel zur optischen Achse) und Diagonalstellung. Anisotropieeffekte können somit bei nicht-kubischen Mineralen beobachtet werden. Außerdem können Korngrenzen und Zwillingslamellen sichtbar gemacht werden mit gekreuzten Polarisatoren. Eine nützliche Methode, um schwache Anisotropieeffekte sichtbar zu machen, ist es die den Polarisator oder den Analysator wenige Grad aus der genauen Kreuzstellung zu drehen.


Innenreflexe

Innenreflexionen des Sphalerit bei Betrachtung unter Ölmmersion. Photo von Malte Junge.
Innenreflexionen des Rutil bei Betrachtung unter Ölimmersion. Gleicher Maßstab wie Abbildungen unten. Photo von Malte Junge.


Innenreflexionen des Sphalerit bei Betrachtung bei Luft. Photo von Malte Junge.
Innenreflexionen des Rutil bei Betrachtung bei Luft. Photo von Malte Junge.

In nicht vollständig opaken Mineralen, z.B. Kassiterit, wird der Lichtstrahl in den obersten Lagen eines Kristalls mehrmals diffus gebrochen. Dabei entstehen sogenannte Innenreflexe. Sie haben meist leuchtende Farben und können (auch bei isotropen Mineralen) am besten unter gekreuzten Polarisatoren beobachtet werden. Besonders stark treten Innenreflexe entlang von Rissen oder Kratzern auf. Unter Ölimmersion treten Innenreflexe besonders gut hervor.

Beispiele:

Sphalerit: gelb/braun

Zinnober: blutrot

Malachit: grün


Härte

Die Härte eines Minerals lässt sich oft gut an der Qualität der Politur ablesen. Besonders harte Oberflächen spiegeln dabei mehr und haben weniger Kratzer. Kratzer, die über Korngrenzen hinausgehen, sind für die Einschätzung der Härte besonders geeignet. In weichem Material sind Kratzer stärker ausgeprägt und tiefer als in härteren Mineralen.

Zudem kann man einen Vergleich des Härtegrades zweier nebeneinander liegender Minerale anhand der Kalb-Linie beobachten. Bei der Politur entsteht ein kleiner Höhenunterschied zwischen härterem und weicherem Mineral. Letzteres ist leicht vertieft. Bei Absenken des Mikroskoptisches bewegt sich die Kalb-Linie in das weichere Korn hinein.


Magnetische Eigenschaften

Trägt man eine magnetische Suspension auf den Anschliff auf, werden magnetische Materialien von ihr bedeckt und erscheinen dann dunkel. So kann man z.B. hexagonalen von magnetischem, monoklinen Pyrrhotin unterscheiden.


Weitere Merkmale

Ähnlich wie bei der Durchlichtmikroskopie gibt es bei der Auflichtmikroskopie zusätzlich zu den physikalischen Eigenschaften eine Reihe weiterer mineralspezifischer Merkmale, die die Bestimmung erleichtern. Dazu gehören Spaltbarkeit, Zwillingsbildung, Habitus, Entmischungen etc.

Vergleich der Betrachtung an Luft und bei Ölimmersion - Luft
Vergleich der Betrachtung bei Luft und bei Ölimmersion - Hier der Schliff betrachtet an Luft. Photo von Malte Junge.
Vergleich der Betrachtung an Luft und bei Ölimmersion - Hier der Schliff betrachtet bei Ölimmersion. Photo von Malte Junge.
Vergleich der Betrachtung bei Luft und bei Ölimmersion - Hier der Schliff betrachtet bei Ölimmersion. Photo von Malte Junge.

Hinweise zur Anwendung

An den Polarisationsmikroskopen der LMU und der TU gibt es Einsätze, die auf die Durchlicht-Polarisationsmikroskope montiert werden können. Dann kann der Lichtstrahl so umgelenkt werden, dass er von oben auf die Probe scheint.

Es ist dabei möglich, zwischen Durchlicht und Auflicht hin- und her zuschalten. Dadurch ist eine umfassende petrographische Analyse möglich.

Da die Kontraste in der Auflichtmikroskopie häufig sehr fein sind, können mittels Ölimmersion Kontraste und Farben verstärkt werden.


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Referenzen

Craig, J. R. (2001). Ore-mineral textures and the tales they tell. The Canadian Mineralogist, 39(4), 937-956.

Craig, J. R., Vaughan, D. J., & Hagni, R. D. (1981). Ore microscopy and ore petrography (Vol. 406). New York: Wiley.

Criddle, A.J. & Stanley, C.J. (1986). The quantitative data file for ore minerals. British Museum.

Sanderson, J. (2019). Understanding light microscopy. John Wiley & Sons.


Weitere Informationen und Literatur

Neumann, U. (2019). Guide for the microscopical identification of ore and gangue minerals. Tübingen University Press. download

Picot, P. und Johan, Z. (1982). Atlas of ore minerals. Elsevier.

Pracejus, B. (2015). The ore minerals under the microscope: an optical guide. Elsevier.

Ramdohr, P. (1975). Die Erzmineralien und ihre Verwachsungen. Akademie-Verlag.

Uytenbogaardt, W. und Burke, E.A.J. (1985). Tables for microscopic identification of ore minerals. Dover Publications


Lehrveranstaltungen

Reflected Light Microscopy (Master)


Autor:innen

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Dieser Artikel wurde geschrieben und gegengelesen von:
Paula Dörfler, Malte Junge
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