Streichen und Fallen

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Durch die Angabe von Streichen und Fallen einer Schicht kann die Raumlage dieser genau bestimmt und für weitere Auswertungen (z.B. mit dem Schmidt’schen Netz) verwendet werden. Auch ist es üblich, die räumliche Lage von Strukturen in einer geologischen Karte darzustellen. Durch das Sammeln und Vergleichen von vielen einzelnen Messungen in einem Gebiet lässt sich daraus am Ende ein Gesamtüberblick der Lagerung geologischer Strukturen entwickeln.

Es können sowohl planare als auch lineare Elemente eingemessen werden.


Abb. 1: Räumliche Orientierung einer Fläche, erstellt von L. Sidorenko, F. Kaplar, W. Stoiber, D. Aßbichler (2020).
Abb. 2: Räumliche Orientierung einer Fläche, erstellt von L. Sidorenko, F. Kaplar, W. Stoiber, D. Aßbichler (2020).

Planare Elemente

Zu den planaren Elementen (Flächen) gehören in den Geowissenschaften beispielsweise Schichtflächen, Störungsflächen und Kluftoberflächen.

Die Raumlage eines planaren Elements kann eindeutig durch die Angabe der Streichrichtung, des Fall-Winkels und der ungefähren Fallrichtung (z.B. SW) oder durch den Fall-Winkel und die genaue Fallrichtung (z.B. 190°) beschrieben werden (Abb. 1 und 2).

Das Streichen (strike), beschreibt die Orientierung der Gesteinsfläche, welche durch die Streichlinie dargestellt wird (in den Abbildungen als rote Linie gekennzeichnet). Die Streichlinie ist eine Linie auf einer Fläche, entlang derer der Fallwinkel 0° ist. Somit ist diese senkrecht zur Fallrichtung orientiert. Die Streichrichtung (Streichlinie) ist das Linear, das durch die Verschneidung der Gesteinsfläche und einer imaginären Horizontalfläche gebildet wird. Dieses gibt zwei entgegengesetzte Richtungen an. Somit erhält man zwei Werte, die immer eine Differenz von 180° aufweisen. Für die Angabe der Streichrichtung verwendet man immer den kleineren der beiden Werte, welcher im Bereich zwischen 000-179° liegt. Das Streichen der Fläche in Abbildung 1 liegt bei 045°, das der Fläche in Abbildung 2 bei 135°.

Der Fall-Winkel (dip) gibt den Wert der größten Neigung der Fläche an und wird zwischen der imaginären Horizontalfläche und der Gesteinsschicht abgelesen. Er kann Werte von 00-90° annehmen. In den Beispielen aus Abbildung 1 & 2 ist der Fall-Winkel mit einem Wert von 40° grün eingezeichnet.

Die Fallrichtung (dip-direction) wird durch einen Vektor angegeben, der in der Ebene der Gesteinsschicht und senkrecht zur Streichrichtung liegen sowie in Richtung der Falllinie zeigen muss. Damit gibt es im Gegensatz zur Streichrichtung nur eine Fallrichtung die durch einen Wert im Bereich 0-360° angegeben werden kann. Die als blauer Pfeil eingezeichnete Fallrichtung unterscheidet sich zwischen den Abbildungen. In Abbildung 1 beträgt sie 135°, in Abbildung 2 liegt sie bei 225°.

Lineare Elemente

Abb. 3: Räumliche Orientierung eines Linears in Kombination mit einem planarem Element, erstellt von L. Sidorenko, F. Kaplar, W. Stoiber, D. Aßbichler (2020).

Zu den linearen Elementen gehören zum Beispiel Harnisch-Striemungen an Störungsflächen und Wegspuren von Fossilien. Um die Raumlage eines linearen Elements eindeutig anzugeben, wird das Azimut und der Tauchwinkel benötigt (Abb. 3).

Das Azimut (plunge direction) ist der Winkel zwischen Norden und der vertikalen Projektion des Linears auf die Horizontalebene (s.h. Abbildung 3; lila markiert). Man kann ihn mit dem Streichen eines planaren Elements vergleichen. Aber anders als beim Streichen einer Fläche, wird er mit einer dreistelligen Zahl zwischen 000° und 360° angegeben. In dem Beispiel aus Abbildung 3 hat der Azimut einen Wert von 080°.

Der Tauchwinkel (plunge) ist der kleinste Winkel zwischen der Horizontalebene und dem linearen Element. Dieser kann mit dem Fall-Winkel eines planaren Elements verglichen werden und wird zweistellig (0-90°) angezeigt. In Abbildung 3 ist er hellgrün dargestellt und nimmt einen Wert von 33° an.

Kombination Planares und Lineares Element

Meist werden lineare Elemente (z.B. Harnisch- oder Rutschstriemen) auf einer planaren Fläche eingemessen. Um die Lage eines linearen Elements (z.B. einer Harnischstriemung) innerhalb eines planaren Elements (z.B. einer Störungs- bzw. Harnischfläche) anzugeben, wird der Pitch-Winkel verwendet. Er gibt den Winkel zwischen dem linearen Element und der Streichrichtung der Fläche, auf der das lineare Element liegt, an. In dem Beispiel aus Abbildung 3 ist der Pitch braun mit einem Wert von 55° eingezeichnet.



Einmessen mit dem Geologenkompass

Abb. 4: Der Geologenkompass (hier: Tamaya Kompass) wird vor allem in Amerika und England verwendet. (Erstellt von A. Mazon 2018)

Einen Überblick über den Aufbau von Geologenkompassen findest du hier. Der Brunton-Geologenkompass wird vor allem in Amerika und England verwendet.

Streichrichtung

  1. Den Kompass mit seiner langen Kante an die einzumessende Fläche anlegen
    → Ausrichten, sodass die Libelle im markierten Ring liegt
  2. Die schwarze Kompassdose drehen
    → bis die gleichfarbigen Hälften der Kompassnadel und des Pfeils am Boden des Kompasses übereinander liegen
  3. Wert (Streichrichtung) an der Kreisskala ablesen (Wert zwischen 0 und 180)


Fall-Winkel

  1. Die 90°-Marken der inneren Skala und die Markierung der Kreisskala müssen übereinstimmen
  2. Die lange Seite des Kompasses vertikal an die Gesteinsschicht anlegen (senkrecht zum Einmessen des Streichens). Tipp: Vor allem bei flach einfallenden Schichten ist es oft schwierig die exakte Richtung senkrecht zum Streichen zu finden. Hilfsmittel hierbei wären z.B. die Streichrichtung mit Bleistift auf die Schicht zu zeichnen und den Kompass dann senkrecht zum Strich anzulegen. Bei steilerem Einfallen und einem empfindlichen Lot reicht es, den Kompass mehrfach hin und her zu drehen, bis man das maximale Einfallen gefunden hat.
  3. Das Lot, welches vom Mittelpunkt des Kompasses gefällt wird, zeigt auf den Rand
    → Der Wert (Fall-Winkel) wird auf der inneren Kreisskala abgelesen


Fallrichtung

  1. Angabe der Nebenhimmelsrichtung, in welche die Schicht einfällt (z.B. NW).

Einmessen mit dem Gefügekompass

Abb. 5: Der Gefügekompass wird vor allem in Europa verwendet. Einen Überblick über den Aufbau von Gefügekompassen findest du hier, erstellt von A. Mazon (2018)
Abb. 6: Anlegen des Gefügekompasses an eine Schichtoberfläche und horizontale Ausrichtung des Gehäuses bei einer Messung nach Clar, erstellt von W. Stoiber (2021)

Mit dem (Freiberger/ Breithaupt) Gefügekompass kann man Schichten auf zwei unterschiedliche Weisen einmessen. Beim konventionellen Messen muss der Kompass zweimal angesetzt werden. Beim Messen nach Clar können alle benötigten Werte durch einmaliges Ansetzen abgelesen werden. Der Gefügekompass wird vor allem in Europa verwendet und wird auf den meisten Exkursionen der TUM bzw. LMU benutzt. Ihr könnt ihn auch in der Fachschaft Geowissenschaften ausleihen.

Messen nach Clar

  1. Rückseite des Deckels parallel auf die Schichtoberfläche legen (Abb. 6)
  2. Deckelrückseite bleibt angelegt
    → Gehäuse (unteren Teil des Kompasses) horizontal ausrichten, sodass die Luftblase im markierten Ring ist
  3. Arretierungstaste drücken, bis die Nadel ausgependelt ist
  4. Kompass von der Schichtoberfläche wegnehmen, ohne etwas zu verstellen
  5. Höhenkreis (seitliche Skala auf Scharnier) betrachten
    → Ist die Markierung im schwarzen oder im roten Bereich?
  6. Fallrichtung am Horizontalkreis (obere Skala) ablesen
    → Markierung des Höhenkreises war im schwarzen Bereich: Schwarzes Ende der Nadel am Horizontalkreis ablesen
    → Markierung des Höhenkreises war im roten Bereich: Rotes Ende der Nadel am Horizontalkreis ablesen
  7. Fall-Winkel am Höhenkreis ablesen


→ Aufschreiben: Fallrichtung / Fall-Winkel z.B. 197/42

Konventionell Messen

Streichrichtung

  1. Kompassdeckel und Gehäuse in eine Ebene bringen → Nun hat man eine lange Kante
  2. Kompass mit der langen Kante genau entlang der Streichrichtung/Streichlinie anlegen
    (Hierfür muss eventuell die Schichtoberfläche mit einem Feldbuch verlängert werden)
  3. Vorstellung: Die Streichlinie ist mit der langen Kante des Kompasses mit einem "Scharnier" verbunden
    → am "Scharnier" den Kompass kippen/bewegen, bis die Wasserblase im markierten Ring ist
  4. Arretierungstaste drücken, bis die Nadel ausgerichtet ist
  5. Am Horizontalkreis die Streichrichtung ablesen (Wert zwischen 0 und 180)


Fall-Winkel

  1. Lange Kante des Kompasses entlang der Fallrichtung auf die Schichtoberfläche stellen
  2. Arretierungstaste auf der Rückseite gedrückt halten, bis das Lot sich eingependelt hat
  3. Wert (Fall-Winkel) innerhalb des Lotes auf der inneren Skala ablesen


Fallrichtung

  1. Die Fallrichtung wird nicht gemessen. Die Himmelsrichtung, in welche die Schicht ungefähr einfällt, wird z. B. anhand des Sonnenstandes geschätzt oder mit dem Kompass bestimmt. Alternativ kann die Fallrichtung mit 90° zum Streichen errechnet werden.


→ Aufschreiben: Streichrichtung / Fall-Winkel Fallrichtung z.B. 107/42 SW

Auswertung

Die gemessenen Werte können in verschiedener Weise dargestellt werden. Dazu gehören die "konventionelle" Schreibweise und die Angabe nach "CLAR". Die beiden Schreibweisen können leicht jeweils in die andere umgeschrieben werden. Für die Auswertung der Raumorientierung kann das Schmidt'sche Netz zur Hilfe genommen werden. In diesem kann eine Schicht als Großkreis oder als Polpunkt dargestellt werden.

In nachfolgender Tabelle werden die beiden Schreibweisen und ihre Darstellungen im Schmidt’schen Netz erläutert:

Schreibweise und Darstellung im Schmidt'schen Netz
Messen von Streichen und Fallen
"konventionell" "nach CLAR"
Kompass ablesen
  1. Ablesen der Streichrichtung mit Hilfe der Nadel und des Horizontalkreises.
    Nadel zeigt N und S an.
    Es gibt immer zwei mögliche Optionen, die 180° auseinander liegen (gegenüberliegende Richtungen).
    Verwendet wird immer der kleinere Wert
  2. Ablesen des Einfallens (Fallwinkel) mit Hilfe des Höhenkreises oder Vertikalkreises
  3. Ablesen der groben Fallrichtung
  1. Ablesen der genauen Fallrichtung mit Hilfe der Nadel
  2. Ablesen des Einfallens (Fallwinkel) mit Hilfe des Höhenkreises oder Vertikalkreises
Aufschreiben
  • 107/42 SW (Das Streichen einer Schicht wird immer dreiwertig angegeben → bei zweistelligen Streichwerten wird eine 0 davor gesetzt)
  • Streichen/Fall-Winkel Fallrichtung
  • 197/42
  • Fallrichtung/Fall-Winkel
Schmidt'sches Netz
"konventionell" "nach CLAR"
Großkreis
  1. Streichen markieren (von N im UZS)
  2. Mit der flachen Hand die Fläche simulieren
  3. Markierung auf die N-S-Achse drehen
  4. Auf W-E-Achse das Fallen von außen nach innen in der korrekten Richtung abtragen
  5. Den Großkreis einzeichnen
  1. Fallrichtung markieren
  2. Markierung auf die W-E-Achse drehen
  3. Auf dieser Achse von der Seite der Markierung aus von außen nach innen das Fallen abtragen
  4. Den Großkreis einzeichnen
Polpunkt
  1. Streichen markieren (von N im UZS)
  2. Mit der flachen Hand die Fläche simulieren & mit einem Bleistift die Normale errichten
    Bestimmung des Quadranten, in dem der Polpunkt liegen muss
  3. Markierung auf eine der Achsen drehen
  4. Auf anderer Achse von innen nach außen das Fallen in die korrekte Richtung abtragen
  5. Punkt markieren
  1. Fallrichtung markieren (von N im UZS)
  2. Markierung auf eine der Achsen drehen
  3. Auf der gleichen Achse von innen nach außen das Fallen auf der Halbachse, die der Markierung gegenüberliegt, abtragen
  4. Punkt markieren

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Anfertigen einer Aufschlussskizze


Referenzen

Lernort Geologie.– Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit (StMUG), Staatsinsitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB), München

Reuther C.-D. (2012): Grundlagen der Tektonik: Kräften und Spannungen der Erde auf der Spur.– 274 S.; Berlin (Springer Spektrum).

Weitere Informationen und Literatur

Reuther (2012): Grundlagen der Tektonik - Kräften und Spannungen der Erde auf der Spur, Springer-Verlag Berlin Heidelberg.


Autor:innen

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Dieser Artikel wurde geschrieben und gegengelesen von:
Felicitas Kaplar, Andrea Schmid, Andrea Mazon, Dorothea Frieling, Simon Kübler, Donja Aßbichler, Timon Pfaff
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