Kambrium

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Stratigraphische Tabelle des Kambriums

Das Kambrium ist das erste und damit älteste Zeitalter des Erdaltertums Paläozoikum. Es ist damit auch die erste Periode des Phanaerozoikums, des Äons der belebten Natur. Das Kambrium begann vor 541 Millionen Jahren mit Beginn der Kambrischen Radiation (auch bekannt als Kambrische Explosion) und endete vor 485,4 Millionen Jahren mit dem Cambro-Ordovizischen Massenaussterben.

Den Beginn des Kambriums markiert das erste Auftreten der Spurenfossilien von Trichtophycus pedum. Da von Trichtophycus pedum noch nie ein Körperfossil entdeckt wurde, kann nicht mit absoluter Sicherheit gesagt werden, zu welchem Metazoenstamm es gehört. Das Spurenfossil, eine Fraßspur im Sediment, weist jedoch auf einen wirbellosen Sedimentfresser hin. Das Ende des Kambriums markiert das erste Auftreten eines Conodonten, Iapetognathus fluctivagus. Conodonten sind wurmartige Wirbeltiere ohne Rückgrat, nur ihr Kieferapparat bleibt als Körperfossil erhalten. Wichtige Leitfossilien des Kambriums sind Paradoxides pinus, ein Trilobit, und Billingsella corrugata, ein früher Brachiopode.

Wichtige Ereignisse:
- Cadomische Orogenese
- Kambrische Explosion
- End-botomisches Massenaussterben
- Dresbachisches Massenaussterben
- Agronomische Revolution
- Kambro-Ordovizisches Massenaussterben (Cm-O-Krise)


Unterteilung

Das Kambrium wird in vier Serien unterteilt: Es beginnt mit dem Terreneuvium, setzt sich mit der noch unbenannten 2. Serie fort, geht dann ins Miaolingium über und endet mit dem Furongium. Diese vier Serien unterteilen sich weiter in zehn Stufen: Das Terreneuvium umfasst Fortunium und 2. Stufe, die 2. Serie umfasst 3. und 4. Stufe, das Miaolingium umfasst Wuliuum, Drumium und Guzhangium und das Furongium umfasst die Stufen Paibium, Jiangshanium und 10. Stufe.

Namensherkunft

Der Begriff Kambrium wurde ursprünglich von Adam Sedgwick geprägt, einem Naturwissenschaftler des frühen 19. Jahrhunderts, der damit Gesteinsschichten im Norden von Wales bezeichnete. Das Wort leitet sich vom ursprünglichen lateinischen Namen der Region, Cambria, ab.

Vorkommen

Das Kambrium ist in Deutschland kaum aufgeschlossen. In allen unverfalteten Bereichen Mitteleuropas liegt es unter kilometerdicken jüngeren Sedimentschichten. Die einzigen Spuren des (stark metamorph überprägten) kambrischen Sediments finden sich in Kollisions- und Hebungszonen aus der variszischen und alpidischen Orogenese, z. B. im Spessart, Schwarzwald, Fichtelgebirge, Bayerischen Wald, Oberpfälzer Wald, im Erzgebirge und der Lausitz. Global wichtige Fundstellen für Fossilien des Kambriums sind u. a. der Burgess Shale im kanadischen Bundesstaat British Columbia und der Maotianshan-Schiefer in der Yunnan-Provinz Chinas.

Geologie

Plattentektonik

Eine Weltkarte, die die Kontinentkonstellation zur Zeit des Kambriums zeigt. München ist in rot markiert.

Während des Kambriums gab es eine Vielzahl kleiner Kontinente und Terrane, die anfangs noch größtenteils um den Äquator gruppiert waren. Diese Kontinentkonstellation hatte 150 Millionen Jahre zuvor die Sturtische und Marinoische Vereisung ausgelöst, jetzt löste sie sich langsam auf. Der größte Kontinent der damaligen Zeit, Gondwana, wanderte vom östlichen Rand der Weltkarte gen Süden. Obwohl der Kontinent seinen Namen mit dem jurassischen Südkontinent teilt, war dieser kambrische Kontinent Gondwana deutlich größer als sein Nachfolger.

Zweitgrößter Kontinent der damaligen Welt war Laurentia. Der Kontinent lag auf Äquatorhöhe in der heutigen westlichen Hemisphäre und war der materielle Vorgänger Nordamerikas und Europas. Zwischen Laurentias Westen und Gondwanas Osten, auf der Tag-und-Nacht-Grenze lag der älteste noch existierende Ozean: der Pazifik.

Südöstlich von Laurentia lag Baltika, ein kleinerer Kontinent, der heute Teile Europas und Asiens ausmacht. Baltika war damals der dem Südpol nächste Kontinent, wurde jedoch in den folgenden Jahrmillionen nordwärts geschoben, während sich Gondwana über den Pol legte. Zwischen Laurentia und Baltika lag der Iapetus-Ozean, der durch die Nordwärtsbewegung Laurentias langsam kleiner wurde. Währenddessen wurde der Tornquist-Ozean zwischen Baltika und Gondwana immer größer. Der Tornquist hatte eine hochaktive Seafloor-Spreading-Zone in seiner Mitte, und seine Platten wurden an den Küsten Baltikas und Gondwanas rasch subduziert. Dadurch entstanden an der Süd- bis Südwestküste Baltikas und der dem Tornquist zugewandten Osthälfte Gondwanas große Vulkangebirge: das cadomische Orogen.

Das cadomische Orogen ist in den über 500 Millionen Jahren seit seiner Entstehung stark verwittert und durch seine exponierte Lage am Kontinentalrand in folgenden Orogenesen wie zum Beispiel der Variszischen Orogenese völlig untergegangen. Lediglich in ein paar Gebieten des heutigen Europas (damals Baltika) lassen sich noch die Vulkanite und Metamorphite der damaligen Zeit finden, z. B. die Dobra-Gneisse in der Böhmischen Masse (welche selbst aus der variszischen Orogenese stammt) und im Waldviertel Österreichs.

Der viertgrößte Kontinent der damaligen Zeit war Sibiria. Heute macht Sibiria große Teile Nordasiens aus, in der damaligen Welt lag es auf dem Äquator und erstreckte sich bis weit auf die Südhalbkugel hinunter. Von Baltika trennte es der Lomonossov-Ozean, von Laurentia der Franklin-Ozean. Der nördlichste Kontinent der damaligen Zeit war ein kleines Terran namens Yangtse, das sich gemeinsam mit dem knapp südlich davon gelegenen Terran Sino-Korea im Lauf des späten Proterozoikums von Gondwana löste, als dieses Richtung Südpol zu driften begann. Während des Ordoviziums und Silurs werden sich Yangtse und Sino-Korea zu einem kleinen Kontinent, China, verbinden, welcher zu Anfang der Trias unauffällig mit dem Norden Pangäas verschmelzen wird.

Sedimente

Die Sedimente des Kambriums umfassten ursprünglich vor allem Kalkstein, Phyllite, Arkosen, Quarzsandstein und Tonstein, da sie jedoch im Lauf der Jahrmillionen und mehreren Orogenesen häufig einer Metamorphose ausgesetzt waren, besteht das Kambrium heute größtenteils aus verschiedenen Schiefervarianten.

Die fossilreichsten Schiefer sind Alaunschiefer, in denen sogenannte Orsten eingelagert sind. Dabei handelt es sich um Kalkknollen, die sich um Organismen herum gebildet haben. Ihr Inhalt ist meist gut konserviert.

Klima

Während des Kambriums fand eine sanfte Klimaerwärmung statt, vermutlich im Zusammenhang mit dem Vulkanismus im Rahmen der cadomischen Orogenese. Die Vulkane stießen große Mengen CO2 aus, die als Treibhausgas in der Atmosphäre zur Erwärmung beitrugen. Dadurch stieg der Meeresspiegel, vor allem im Unterkambrium, stark an und überflutete die Kontinentalschelfe. Von diesen Meerestransgressionen profitierte die damals rein marine Fauna, die in den neu zugänglich gemachten, ökologischen Nischen eine rapide Radiation erlebte (Kambrische Explosion).

Neben dem Anstieg des CO2-Gehalts der Atmosphäre, von etwas über 4200 auf circa 4800 ppm (etwa 12-fache Menge des heute in der Atmosphäre enthaltenen CO2s) stieg auch ihr Sauerstoffgehalt durch die Photosyntheseaktivität des Phytoplanktons leicht an, er blieb jedoch unter einem Atmosphärenanteil von 13%.

Mit einer Durchschnittstemperatur von 21°C war die Welt im Kambrium deutlich heißer als die heutige (~14°C). Dieser Wert ist allerdings auch deshalb so hoch, weil alle Kontinente der damaligen Zeit am Äquator lagen.

Massenaussterben

Im Kambrium fanden drei große Massenaussterben statt: Das End-botomische Massenaussterben (mind. 50% Extinktionsrate aller Arten, 517 Mio. a.), das Massenaussterben des Dresbachiums (unter 40% Extinktionsrate aller Arten, 502 Mio. a.) und das Kambro-Ordovizische Massenaussterben (63% Extinktionsrate aller Arten, 485,4. Mio. a.).

Über die ersten beiden Aussterbeereignisse ist noch sehr wenig bekannt. Selbst ihr Ausmaß ist nach wie vor umstritten, die Extinktionsraten basieren auf wohlwollenden Schätzungen und Hochrechnungen aus einzelnen Taxa. Die Faktenlage reicht auch nicht aus, um konkrete Aussagen über die Ursache treffen zu können. Nur zum Kambro-Ordovizischen Massenaussterben gibt es Drei Hypothesen, die einzeln, aber auch in Kombination das Aussterbeereignis hervorgerufen haben könnten:

- Die rapide Abkühlung der Erde zum Ordovizium hin könnte die planktonischen Mikroorganismen und Wasserpflanzen ausgelöscht haben, die den Boden der Nahrungskette bildeten. Trophische Kaskaden (Das Verhungern und Aussterben einer ganzen Stufe der Nahrungskette, sobald die darunterliegende Stufe ausstirbt) und der Rückgang des Meeresspiegels hätten zu so einem Massenaussterben führen können.

- Eine andere schlüssige Erklärung wäre die Entstehung großer anoxischer Zonen im Meer. Diese sauerstoffarmen Areale im Meer sind für alle wasseratmenden Lebewesen nahezu unbewohnbar und entstehen durch eine hohe Kohlensäure- oder Schwefelwasserstoffkonzentration im Meerwasser. Eine erhöhte Erosions- und Sedimentationsrate, z.B. durch starke Regenfälle während alle Kontinente in den Tropen liegen, begünstigen die Entstehung dieser Zonen zusätzlich, da bei den meisten Verwitterungsprozessen Sauerstoff aus dem Wasser gebunden wird.

- Außerdem korreliert die magmatische Großprovinz Kalkarindji im heutigen Westaustralien (damals Nordgondwana) zeitlich mit dem Ereignis, was auf die Eruption eines Erdmantelplums hinweisen könnte. Diese vulkanischen Großereignisse sind oft verheerend für Klima und Ökosystem, da sie die Atmosphäre mit Feinstaub und Giftstoffen anreichern. In hoher Konzentration können diese Stoffe eine lichtundurchlässige Wolke bilden, die die Sonneneinstrahlung über Jahre hinweg verringern kann, was photosynthetisch aktive Organismen (Pflanzen und Bakterien) und alle von ihnen abhängigen Organismen aushungern kann. Wird die Wolke aus der Atmosphäre ausgewaschen, entsteht ein stark saurer Regen, der in Flüssen, Seen und Meeren wiederum zur Bildung anoxischer Zonen führen kann.

Flora und Fauna

Aufstieg der Mehrzelligen Lebewesen

Das Phanerozoikum, Äon der Lebewesen, beginnt mit dem Kambrium und der kambrischen Explosion. Zwar existierten komplexe Mehrzeller bereits zuvor im Ediacarium, in Form der Vendobionta, doch mit dem Unterkambrium beginnt die Herrschaft der Metazoen, der Tiere.

Die bereits erwähnte Kambrische Explosion ist der Titel eines rasch ablaufenden Radiationsereignisses innerhalb der Metazoen. Bedingt durch Klimaerwärmung und Meeresspiegelanstieg wurden neue ökologische Nischen im Flachwasser frei, die sofort von anpassungsfreudigen Metazoen gefüllt und erobert wurden.

Die schnelle Artbildung fand in einer Zeit statt, in der sich die Metazoa gerade erst in ihre Stämme differenzierte. Die präkambrischen Metazoen waren noch kaum differenziert, klein und hatten noch viel Entwicklungsspielraum. Ihre größten gemeinsamen Anpassungen, die sie von anderen Mehrzellern unterschieden, waren ihr differenziertes Gewebe, die Ausbildung von Keimzellen (=Keimzellen, sprich Eizellen oder Spermien) und ihre Mitochondrien (Zellorganelle, für Energiegewinnung verantwortlich). In der Folge entwickelten sie sich in optisch sehr unterschiedliche Formen und Baupläne weiter, von denen sich nur wenige im Lauf der folgenden Jahrmillionen bewährt haben.

Das bedeutet, dass viele der im Kambrium entstandenen Metazoenstämme heute nicht mehr existieren und viele der Organismen, die im Kambrium entstanden, sich nicht oder nur schwer in uns heute bekannte Stämme einordnen lassen. Die Verwandtschaftsverhältnisse der ausgestorbenen Stämme sind ebenfalls schwer festzustellen.

Im Laufe des Kambriums entstanden alle uns heute bekannten Metazoenstämme, inklusive derer, die inzwischen ausgestorben sind. Die einzige Ausnahme bilden die Moostierchen (Bryozoen), die erst im Ordovizium entstanden.

Schwämme differenzierten sich bereits in fünf größere Klassen, Nesseltiere in drei. Erste Brachiopoden (Armfüßer) entstanden, die auf den ersten Blick Muscheln ähneln, allerdings näher mit Hufeisenwürmern und Bryozoen verwandt sind. Weichtiere (Mollusca) und Stachelhäuter (Echinodermata) differenzierten in frühe Formen von Schnecken, Muscheln und Kopffüßern, Seegurken, Seeigeln und Seelilien. Die Anneliden und Plattwürmer brachten ebenfalls erste Vertreter hervor.

Kambrische Lebewesen “formen” ihre Umwelt

Das Bemerkenswerteste an der Kambrischen Fauna ist, dass sie den Endobenthos, sprich Lebensräume unter dem Meeresboden, eroberte. Dies wird als Agronomische Revolution bezeichnet. Die Ediacara-Fauna kannte bereits sessile und epibenthische (="auf dem Meeresboden lebende") Vertreter, doch erst mit dem Beginn des Kambriums gab es Würmer, Gastropoden und Gliederfüßer, die Wohnhöhlen oder Verstecke in den Untergrund gruben. Dies war notwendig, da eine sog. trophische Eskalation stattgefunden hatte: Ab dem Kambrium gab es erstmals eine Unterteilung in aktive Jäger und Beutetiere, eine mehrstufige Nahrungskette hatte sich gebildet.

Bildete Trichtophycus pedum zu Beginn des Kambriums noch die Ausnahme, mit seiner Fähigkeit, aktiv während seines Lebens Spuren an der Sedimentoberfläche zu hinterlassen, so waren ab dessen Ende Grabgänge und Wohnhöhlen bis in 20 cm Tiefe häufig. Es markiert die erste aktive, gestaltende Einwirkung von lebenden Organismen auf ihre unmittelbare Umgebung, und damit den Beginn des Terraformings durch Lebewesen, um ihre Chancen zu verbessern und ihr Leben zu sichern.

Die ersten Wirbeltiere

Im Rahmen der Kambrischen Explosion entstanden auch die ersten Wirbeltiere, die Chordata, von denen unter anderem wir Menschen abstammen. Die frühen Chordaten waren fragile, spindelförmige Tiere mit weichem Körper und kleinen Augen. Sie grenzten sich von den Wirbellosen dadurch ab, dass ihr zentraler Nervenstrang mit einer Knorpelhülle, einem Notochord, umgeben war, die dem Körper mehr Stabilität verlieh. Die frühen Wirbeltiere waren nicht sehr wehrhaft, ihre beste Verteidigung lag in der Flucht. Je stabiler also das Knorpelgerüst, an dem ihre Muskeln ansetzten, desto schneller konnten sie sich bewegen und desto besser wurden ihre Überlebenschancen. Ein Beispiel für diese frühen Chordaten ist Haikouella.

Gegen Ende des Kambriums entstanden aus diesen frühen Chordaten die ersten Conodontenarten. Obwohl sie Teil des Stammes Chordata sind, besitzen Conodonten kein Rückgrat, trotzdem sind sie nahe mit den Wirbeltieren verwandt. Sie zeichnen sich durch einen aus verschränkten Apatitzähnen bestehenden Filterapparat aus, über den sie sich ernähren. Der Rest des Körpers verfügt über keinerlei Hartteile, weshalb oft nur die Zähne versteinern.

Ebenfalls seit dem späten Kambrium bekannt sind die Graptolithen. Graptolithen sind filtrierende Organismen aus der Familie der Hemichordaten, einem nahe mit den Chorda-Tieren verwandten Stamm. Sie leben in verzweigten Kolonien, die nachfolgenden Generationen wachsen direkt auf dem Skelett ihrer Mutter auf und bilden dadurch einen längeren Zweig. Diese verzweigten Strukturen sehen im Aufschluss aus wie die Symbole einer Keilschrift, daher der Name „Schriftsteine“. Es gab sowohl sessile (festsitzdende), als auch pseudoplanktonische Graptolithen.

Wichtigster Riffbildner im Kambrium waren die Archaeocyathiden, eine Form von Schwamm, die am Ende des Kambriums ausstarb. Sie ähneln von ihrer Struktur den Hornkorallen, mit Septen und Intersepten aus Calcit, allerdings besteht hier wenig Zweifel, dass es sich um Schwämme handelt.

Herrschaft der Wirbellosen

Die anfängliche Chancen- und Größengleichheit aller Stämme hielt nicht lange an: Das Kambrium brachte die ersten global erfolgreichen Organismen in Gestalt der Gliederfüßer (Arthropoda) hervor. Deren nützlichste Anpassung, ein solider Chitinpanzer, machte sie in vielen Nischen so gut wie unangreifbar. Gemeinsam mit frühen Muscheln und Brachiopoden bildeten die Arthropoden eine Lebensgemeinschaft, die als „Small Shelly Fauna“ bezeichnet wird.

Die Trilobiten, die bekanntesten Arthropoden des Kambriums, waren dreiteilig gegliederte Bodenbewohner mit einer festen Kopfplatte, die sich auf einer Vielzahl kleiner Beine fortbewegten. Da ihr Körperbau in nahezu jedem Habitat maximalen Schutz gewährleistete wurden die Trilobiten extrem divers und so zahlreich, dass sie für das Kambrium sogar als Leitfossil verwendet werden können. Die meisten Trilobiten lebten epibenthisch (=auf dem Sediment des Meeresbodens), es gab jedoch auch endobenthische (=im Sediment lebende) und nektonische (=aktiv schwimmende) Vertreter. Vor allem im entfernteren Verwandtschaftskreis der Trilobiten waren aktiv schwimmende Arten häufig. Die Art Marella zum Beispiel verbrachte ihr ganzes Leben als Teil des Nektons.

Die größten Räuber der damaligen Zeit waren die Anomalocariden. Diese Familie ist inzwischen ausgestorben. Sie gehörten zum Stamm der Lobopoden aus der Klasse der Häutungstiere. Daher sind ihre nächsten heutigen Verwandten die Arthropoden. Anomalocariden lebten schwimmend im flachen Meerwasser und ernährten sich von allen kleineren Metazoen. Sie besaßen ein solides Exoskelett, eine Reihe kleiner Flossen entlang ihres flachen Körpers und Stielaugen auf der Oberseite ihres Kopfes. Unter den Anomalocariden gab es starke Größenunterschiede, von wenigen Zentimetern bis zu einem Meter Länge. Die größten Vertreter der Familie, wie der namensgebende Anomalocaris selbst, besaßen zwei kräftige Fangfortsätze an seinem Kopf, mit denen Beute aufgegriffen und direkt unter dem kreisförmigen Maul an der Kopfunterseite zerteilt werden konnte. Kleinere Arten wie Opabinia besaßen stattdessen ein zu einem kleinen Rüssel verlängertes Maul.

Die Lobopoden umfassten aber auch eine Familie von „Würmern mit Beinen“, die sogenannten Stummelfüßer, Onychophorien. Deren prominentestes Beispiel ist Hallucigenia, ein wurmförmiges Tier mit einer Doppelreihe stachelförmiger Auswüchse auf dem Rücken und einer Doppelreihe stachelförmiger Beine auf der Bauchseite. Microdictyon wird als Vorfahre oder naher Verwandter der Onychophoriden betrachtet. Ein weiteres prominenteres Beispiel der Lobopoden ist Aysheaia.

Ein anderes räuberisches Häutungstier war Yohoia, ein bis zu 2 cm langer Gliederfüßer, der über zwei lange, bewegliche, in mehrere Klauen mündende Fangarme an seinem Kopf verfügte. Das Ausbilden von klauenbewehrten Fangarmen sollte im Lauf der Evolution zu einem oft konvergent entwickelten Merkmal werden.

Die Rätselhaften

Mit Canandaspis bewies der Fossilbericht, dass es im Kambrium bereits Krustentiere gab. Dem Namen nach hielt man das Fossil jedoch zunächst für einen Fisch. Anderen Arten konnte bis heute nicht ihr korrekter Platz im Stammbaum des Lebens zugewiesen werden.

Ein klassisches Beispiel für taxonomische Einordnungsschwierigkeiten stellt Echmatocrinus dar. Ein vermutlich sessil lebendes, trichterförmiges Tier, das sich vom Plankton und Detritus ernährt haben dürfte. Es zeigt Charakteristika, die sowohl zu Stachelhäutern, als auch zu den Nesseltieren passen. Sein Stamm ist daher als incertae sedis (=unsichere Stellung) angegeben.

Der in seinem segmentierten Aufbau den Arthropoden ähnelnde Odontogriphus ist hingegen eindeutig ein Lophotrochozoe, also ein Mitglieder des Stamms der Würmer, Weichtiere und Armfüßer. Wo genau er in diesem Stamm anzusiedeln ist, ist jedoch unbekannt. Namensgebend für den flachen Wurm war sein Kieferapparat, bestehend aus einem mit nadelförmigen Zähnen besetzten Halbring.

Nectocaris ist ein weiterer incertae sedis, da er in der Kopfpartie einem Arthropoden gleicht, mit einem Außenskelettschädel und Facettenaugen, sein Hinterleib ist jedoch dem eines Chordaten ähnlich, mit einer eindeutig erkennbaren Rücken- und Bauchflosse.

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Vorherige und nachfolgende Epoche

Vorherige Epoche: Ediacarium

Nachfolgende Epoche: Ordovizium

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Referenzen

Stephen Jay Gould: Wonderful Life. W.W.Nortan&Company, USA, reissued 2007, ISBN 978-0-393-30700-9

Stephen Brusatte: Aufstieg und Fall der Dinosaurier. Piper Verlag, München 2018, ISBN 978-3-492-05810-0

Tim Haines, Paul Chambers: The complete guide to prehistoric life, Firefly Books, Richmond Hill, Ontario 2010, ISBN 978-1-55407-181-4

Peter Faupl: Historische Geologie: Eine Einführung. UTB 2003, ISBN 3-8252-2149-0, S. 52 (Auszug in der Google-Buchsuche)

Fortune Head Ecological Reserve. Archiviert vom Original am 18. Mai 2006; abgerufen am 2. November 2016. Parks & Natural Areas Division, Department of Environment and Conservation, Government of Newfoundland and Labrador

Thomas W. Hearing, Thomas H. P. Harvey, Mark Williams, Melanie J. Leng, Angela L. Lamb, Philip R. Wilby, Sarah E. Gabbott, Alexandre Pohl, Yannick Donnadieu. An early Cambrian greenhouse climate. Science Advances, 2018; 4 (5): eaar5690 DOI: 10.1126/sciadv.aar5690

Jennifer L. Morris, Mark N. Puttick, James W. Clark, Dianne Edwards, Paul Kenrick, Silvia Pressel, Charles H. Wellman, Ziheng Yang, Harald Schneider, Philip C. J. Donoghue: The timescale of early land plant evolution. (PDF) In: PNAS. 115, Nr. 10, Februar 2018, S. 2274–2283. doi:10.1073/pnas.1719588115

Weitere Informationen und Literatur

Lehrveranstaltungen

P3 Erdgeschichte
WP23 Evolution und Systematik

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Leonard von Ehr
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