Gesteinsansprache Sedimentite

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Die Gesteinsansprache dient als erstes Hilfsmittel um Gesteine im Gelände charakterisieren zu können. Zunächst stellt sich die Frage, ob es sich um ein klastisches, biogenes oder chemisches Sediment handelt. Sedimentgesteine entstehen durch Ablagerung und Verfestigung von organischen und/oder mineralischen Lockermaterialien. Diese werden (oft nach einem kürzeren oder auch längeren Transportweg) an Land oder im Wasser abgelagert und durch zunehmenden Druck verfestigt. Sedimentite unterscheiden sich hinsichtlich mancher Merkmale deutlich von Magmatiten und Metamorphiten. Diese Unterschiede müssen in einer detailreichen Gesteinsbeschreibung ebenfalls betrachtet werden. Anschließend sollten die im Folgenden aufgelisteten Merkmale beschrieben werden.

Ansprache von Sedimentgesteinen im Gelände

Hier findet ihr auch die Seiten Gesteinsansprache Magmatite und Gesteinsansprache Metamorphite.


Ausrüstung

Da die Gesteinsansprache i.d.R. im Gelände stattfindet sind für die Bestimmung der Gesteine einige Hilfsmittel mitzuführen. Für die erste Einschätzung ist folgende Ausrüstung nützlich:

  • verd. HCl (10 %ig), für kalkhaltige Gesteine
  • Geologenhammer, um Handstücke herauszubrechen/ für den Ritztest
  • Lupe, um Minerale genauer unterscheiden/beschreiben zu können
  • Magnet, um Minerale wie Magnetit zu bestimmten
  • Messer, Fensterglas, Fingernagel, Nagel, um die Härte zu bestimmen

Farbe

Welche Farbe hat das Gestein insgesamt?

Raumfüllung und Dichte

Fehlen Hohlräume im Gestein, ist dieses massig (eng. compact, massive). Sind Hohlräume vorhanden, ist das Gestein porös (eng. blebby, cavernous, pored, poriferous, porous). Eine absolute Angabe der Dichte ist bei der Gesteinsansprache nicht möglich und soll daher nicht angegeben werden.

Korngröße

Bei (gut sortierten) klastischen Sedimenten wird anschließend die genau Korngröße bestimmt. Besteht das Gestein überwiegend aus feinkörnigen Komponenten (Ton bis Mittelschluff) bezeichnet man den Sedimentit als Pelit (eng. claystone, lutite, pelite), machten den Großteil des Gesteins mittelkörnige Komponenten (Sand bis Grobschluff) aus, spricht man von einem Psammit (eng. arenite, arenyte, psammite) und besteht der Hauptanteil aus grobkörnigen Partikeln (Blöcke, Steine und Kies), benennt man das Gestein als Psephit (eng. psephite, psephyte, rudite).

Bezeichnung Korngröße in mm
Pelit < 0,02
Psammit 0,02-2,0
Psephit > 2,0


Bei der Einteilung von Kalken können außerdem folgende Einteilungen nach der Korngröße bestimmt werden:

Bezeichnung Korngröße in mm
Kalklutite < 0,063
Kalkarenite 0,063-2,0
Kalkrudite > 2,0

Gefüge

Struktur

Größenverhältnis der Minerale

Die Einteilung erfolgt über die Größenverteilung der Minerale. Sind diese in etwa gleich groß, nennt man dies gleichkörnig (eng. equant, equigranular, even-grained), sind sie ungleich groß, bezeichnet man das Gestein als ungleichkörnig (eng. heterogranular, inequigranular, non-equigranular).

Rundung und Sphärizität

Die Rundung (eng. bulge, roundness) gibt an, ob die Minerale im Gestein eher eckig oder abgerundet sind. Je länger ein Sediment (z.B. als Flussgeröll) transportiert wird, desto wahrscheinlicher ist es, dass das Gestein einen höheren Rundungsgrad einnimmt. Unterschieden wird hier zwischen (sehr) schlecht, mäßig und (sehr) gut gerundet. Dies ist auch ein Indikator für die strukturelle Reife eines Gesteins.

Die Sphärizität (eng. Sphericity) beschreibt die „Kugeligkeit“ eines Gesteins, d.h. ist die Sphärizität niedrig, handelt es sich um eine eher plattige bzw. längliche Ausbildung, ist de Sphärizität hoch, kommt die Form des Handstücks der einer Kugel nahe.

Kornpackung

Die Kornpackung (eng. grain packing) gibt an, wie dicht die einzelnen Minerale gelagert sind, d.h. ob es sich um ein korngestütztes (eng. clast supported fabric) oder ein matrixgestütztes (eng. matrix supported fabric) Gefüge handelt. Diese ändert sich zum Beispiel bei einer Auflast (z.B. durch Gletscher), wobei die Kornpackung verdichtet wird.

Reife (Strukturell und Kompositionell)

Es wird zwischen kompositioneller und struktureller Reife (eng. textural maturity) unterschieden.

Bei hoher kompositioneller Reife ist überwiegend ein Mineral vorhanden (z.B. Quarz im Quarzsandstein), da sich die weniger verwitterungsbeständigen, weicheren Minerale auf langen Transportwegen bereits abgetrennt haben. Von hoher struktureller Reife spricht man bei einem hohen Rundungsgrad der Minerale. Auch dies weist auf einen langen Transportweg hin.

Sortierung

Ist die Korngrößenverteilung im Gestein relativ homogen, bezeichnet man das als gut sortiert. Sind die Korngrößen sehr heterogen, nennt man dies schlecht sortiert.

Textur

Verteilung von Körnern

Bei einer homogenen Textur sind die Mineralkörner gleichmäßig verteilt und treten nicht gehäuft an einer Stelle auf. Sind die Minerale dagegen ungleich verteilt und häufen sich bzw. kommen in einigen Bereichen nur vereinzelt vor, spricht man von einer inhomogenen Verteilung.

Schichtung und Faltung

Ist eine Schichtung, welche anhand von Korngrößenwechseln, einer Unterbrechung der Sedimentation bzw. Wechseln des Materials erkannt werden kann, bzw. eine Schrägschichtung (eng. cross bedding)/Parallelschichtung (eng. parallel bedding) vorhanden? Eine Schichtung kann in vielen verschiedenen Varianten auftreten, man unterscheidet z.B. zwischen einer Bankung (eng. banking structure), Lamination (eng. lamination), oder einer gradierten Schichtung (fining upward/coarsening upward; eng. graded bedding). Bei der Beschreibung kann eine Skizze sehr hilfreich sein.

Eine Faltung in sedimentären Gesteinen ist nicht nur durch seismisch-tektonisch indizierte Bewegungen, sondern beispielsweise auch durch Instabilität einer Abfolge unverfestigter Sedimentablagerungen auf geneigter Unterlage.

Kornbindung

Sind die Körner bei klastischen Sedimenten stark oder schwach verfestigt oder lassen sich einzelne Körner leicht mit dem Fingernagel lösen?

Mineralbestand

Monomineralische/monomikte Gesteine (z.B. Quarzsandstein) besetehen aus (fast) nur einem Mineral, polymineralische/polymikte Gesteine (z.B. Nagelfluh) kommen weitaus häufiger vor und sind aus verschiedenen Mineralen aufgebaut.

Der Hauptgemenganteil (eng. essential constituent, main constituent, major constituent) eines Gesteins macht dessen größten Anteil aus, Nebengemenganteile (eng. accessory constituent, medium constituen) kommen dementsprechend seltener, jedoch klar erkennbar vor. Haupt- sowie Nebengemenganteile werden jeweils in Prozent angegeben. Eine Tabelle, die euch die prozentuale Einteilung erleichtert findet ihr bei den Downloads. Akzessorien (akzessorisch, eng. accessory, auxiliary) kommen im Gestein nur vereinzelt (bis zu einem Prozent) vor, sind jedoch mit bloßem Auge zu erkennen.

Daneben sollen folgende Punkte beachtet werden:

  • Besteht der Sedimentit aus Gesteins-/ bzw. Mineralbruchstücken oder aus Bruchstücken von Schalen oder Skeletten? Bei klastischen Sedimenten, in denen Minerale erkennbar sind, werden diese anhand ihrer Eigenschaften beschrieben und bestimmt.
  • Lässt sich durch Zugabe von Salzsäure eine Reaktion erzielen? Reagieren die Komponenten und/oder die Matrix? Schäumt das Gestein stark, nur nach vorherigem Anritzen, oder schäumt es dreckig?
  • Ist Matrix vorhanden? Wenn ja, ist diese tonig, schluffig, sandig oder kieselig?
  • Lässt sich bestimmen, ob das Bindemittel kalzitisch, kieselig, tonig oder ferritisch ist?

Minerale

Im Anschluss sollen die einzelnen Minerale genauer bestimmt werden, dies gelingt am besten mithilfe einer Lupe. Hierzu helfen euch folgende Merkmale:

Ausbildung

d.h. wie gut sind die Kristallflächen zu erkennen, kann man die Form des Kristalls bestimmen?

Farbe

Welche Farbe hat das Mineral? Wie auch beim Farbeindruck des Gesteins kann ein erster Eindruck des Minerals gewonnen werden.

Glanz

Der Glanz (eng. brightness; (diamantartiger) adamantine lustre; (glasartiger) subvitreous lustre; (metall-artiger) submetallic lustre; (metallischer) metallic lustre; (perlmutt-artiger) pearly lustre, pearly sheen) wird durch das vom Mineral reflektierten Licht bestimmt und kann je nach Art des Minerals variieren:

           Metallglanz: der Anteil des reflektierten Lichts ist groß; dies betrifft vor allem undurchsichtige, opake Minerale (z.B. Pyrit, Hämatit)

           Nichtmetallglanz: es handelt sich um durchsichtige/durchscheinende Minerale, z.B. glasartig (Epidot), seidig (Gips), perlmuttartig (Albit), fettig (Quarz)

           Diamantglanz: gemeint sind durchsichtige und durchscheinende Minerale mit hoher Lichtbrechung, z.B. Diamant, Zinkblende, Zirkon

Härte

Eine weitere charakteristische Eigenschaft für einzelne Minerale ist die Mossche Härte (eng. Mohs’ hardness scale, Moh’s scale), welche mithilfe verschiedener Werkzeuge bestimmt werden kann (mehr dazu unter Härtebestimmung nach Mohs)

Korn-/Kristallform (Habitus und Tracht)

Die Tracht (eng. sum of crystal faces) eines Minerals wird aus der Anordnung einer bestimmten Flächenkombination bestimmt, der Habitus (eng. habit[us]) dagegen beschreibt die Größenverhältnisse der Flächen zueinander (blättrig, nadelig, prismatisch, säulig, stängelig, tafelig, würfelig).

(Ferro-)Magnetismus

Ob ein Mineral magnetisch ist, lässt sich leicht mithilfe eines kleinen Handmagneten bestimmen. Das wohl bekannteste Mineral mit dieser Eigenschaft ist Magnetit.

Prozentualer Anteil

Die Abschätzung des prozentualen Anteils eines jeden Minerals kann euch später helfen zu bestimmen um welches Gestein es sich handelt.

Spaltbarkeit/Bruch

Die Spaltbarkeit (mehr dazu unter Spaltbarkeit, eng. plitting [property]; (deutlich erkennbare) distinct cleavage, easy cleavage) gibt an ob ein Mineral bei mechanischer Einwirkung entlang bestimmter Kristallflächen bricht. Die Spaltbarkeit kann sowohl (sehr) gut, als auch (sehr) schlecht, oder gar nicht ausgebildet sein. Teilen sich einzelne Kristalle nicht entlang solcher Spaltflächen kommt es zum Bruch (eng. failure pattern, fracture pattern) eines Kristalls, dieser kann unterschiedlich ausgebildet sein (z. B. eben (eng. clean-cut fracture), hakig, muschelig (eng. conchoidal), splittrig (eng. hackly fracture)).

Strichfarbe

Sofern das zu bestimmende Mineral einzeln getestet werden kann (ausreichende Größe, Relief im Vergleich zum restlichen Gestein erhöht), kann die Strichfarbe (eng. streak colour) mithilfe einer unglasierten Porzellanplatte bestimmt werden. Diese z.T. charakteristische Farbe kann dazu beitragen, das Mineral zu bestimmen.

Transparenz

Minerale können als durchsichtig/durchscheinend, undurchsichtig oder opak (Metalle) bestimmt werden.

Einordnung und Gesteinsname

Unterscheidung von klastischen und chemisch/biogenen Sedimentgesteinen

Klastische Sedimentgesteinen entstehen durch Anhäufung von Gesteinsfragmenten und/oder Einzelkörnern und können z.B. nach der Korngröße eingeteilt werden (Pelit, Psammit, Psephit). Chemische Sedimentgesteine unterteilt man nach ihrem Stoffbestand bzw. nach dem Chemismus, sie werden beispielsweise aus einer Lösung ausgefällt oder über Organismen ausgeschieden. Nicht immer ist eine exakte Trennung möglich.

Anorganische und biogene Genese

Eine anorganischer Genese beschreibt Gesteine, welche ohne Einwirkung von Organismen in irgendeiner Form entstanden sind (z.B. Evaporite). Bei der Beteiligung von Organismen können verschiedene Gesteine wie Kalke und Dolomite, Mergel, oder auch Radiolarite/Hornsteine und Torfe sowie Kohlen entstehen.

Dabei können die Sedimentgesteine sowohl chemisch-biogen (z.B. Kalke, Dolomite, kieselige Gesteine, Mergel), als auch rein biogen auftreten (z.B. Torfe, Kohlen)

Nach Bildungsraum

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Gesteine nach ihrem Bildungsraum einzuteilen. Diese können zum Beispiel terrestrisch, limnisch, oder marin sein.

Ausnahmen/Besonderheiten

Einige Ausnahmen stellen folgende Typen dar:

  • Residualsedimente (eng. lag concentrate; die Sedimente sind nicht/kaum transportiert worden)
  • Kaustobiolithe, z.B. Torfe und Kohlen (es liegt kein Ausgangsgestein vor)
  • pyroklastische Gesteine (magmatischer Ursprung)

Besonderheiten

Überprägung

Die Art der Überprägung kann physikalisch, chemisch, biogen, etc. sein (z.B. verwittert, alteriert, verdichtet, zerrüttet). Bei der Stärke der Überprägung können verschiedene Stärkegrade angegeben werden, besonders auffällig sind dabei Veränderungen bei der Verwitterung (z.B. angewittert, vollkommen verwittert, grusig verwittert). Dieses Merkmal kann auch bezüglich der einzelnen Komponenten unterschieden werden.

Verwitterung

Die Verwitterung tritt i.d.R. sekundär auf und spielt daher nur eine untergeordnete Rolle bei der Gesteinsbeschreibung. Äußerlich verändert sich dabei meist die Farbe (z.B. rötlich-brauner Überzug aufgrund von oxidiertem Eisen) und die Raumerfüllung bzw. die Dichte (d.h. das Gestein ist weniger Fest).

Fossilien oder Bioturbation

Falls vorhanden, sollten die Fossilien so genau wie möglich beschreiben und im Idealfall auch bestimmt werden. Sind die Schalen kalzitisch, aragonitisch oder kieselig?

Sonstige

Weitere Auffälligkeiten, können auch im Bezug auf den Gesteinsverband betrachtet werden. Auffällig sind hier Klüfte, die Feuchte / der Wassergehalt (z.B. bergfeucht, trocken (ausgetrocknet), nass), oder ein erkennbares Ausgangsgestein (z.B. Lehm aus Mergel, Diaphthorit aus Glimmerschiefer, Greisen aus Granit).

Skizze

Zu einer vollständigen Gesteinsbeschreibung gehört auch immer eine saubere Skizze. Das Handstück sollte hierbei als Blockbild (d.h. dreidimensional) gezeichnet werden um neben den einzelnen Komponenten auch das Gefüge (z.B. Schichtung) des Gesteins anschaulich darstellen zu können. Ist das Gestein homogen und isotrop, verändert sich also nicht je nach der Ausrichtung des Handstücks, reicht es aus einen kreisrunden Ausschnitt des Gesteins abzubilden. Die einzelnen Minerale sollten in der Skizze schematisch dargestellt werden, damit alle Auffälligkeiten in der wenigen Zentimeter großen Abbildung platz finden. Außerdem solltet ihr die Skizze wenn möglich farbig angleichen und eine Legende mit allen abgebildeten Mineralen erstellen.


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Referenzen

Okrusch, M., Matthes, S. (2014): Mineralogie: Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde.– Aufl.9, 728 S.; Springer Verlag Berlin Heidelberg (Springer Spektrum).

Sebastian, U. (2009): Gesteinskunde: Ein Leitfaden für Einsteiger und Anwender.– Aufl. 3, 212 S.; Springer Verlag Berlin Heidelberg (Springer Spektrum).

Vinx, R. (2015): Gesteinsbestimmung im Gelände.– 4. Aufl., 480 S.; Springer Verlag Berlin Heidelberg (Springer Spektrum).

Schweizer, V. (2012): Wörterbuch der Geologie – Dictionary of Geology.– 1.Aufl., 673 S.; Springer Verlag Berlin Heidelberg (Springer Spektrum).

Skript zur Übung Geowissenschaften II (Gesteinekurs)


Weitere Informationen und Literatur


Autor:innen

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Dieser Artikel wurde geschrieben und gegengelesen von:
Friederike Knauss, Julia Holzmüller, Donjá Aßbichler, Lukas Sidorenko, Lena Able
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